Massive Kritik: Fachgesellschaften gehen gegen GOÄ-Novellierung auf dem 129. Deutschen Ärztetag in Stellung

von | Mai 23, 2025 | Forschung, Gesundheit, Nicht kategorisiert, Politik

Für die Bundesärztekammer (BÄK) ist es ein Desaster: Bereits im Vorfeld des 129. Ärztetages üben gleich mehrere medizinische Fachgesellschaften und Berufsverbände scharfe Kritik an der geplanten GOÄ-Novellierung. So warnen der Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF) und die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) gemeinsam vor schwerwiegenden Konsequenzen durch die derzeit geplante GOÄ-Novelle. Das Reformvorhaben drohe “der aktuelle Entwurf nicht nur die ärztliche Versorgung zu schwächen, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität vieler medizinischer Einrichtungen nachhaltig zu gefährden”.

„Der größte Verlierer des GOÄ-Entwurfs der Bundesärztekammer ist die innovative Spitzenmedizin. Und damit verlieren wir alle“, betont DGGG-Präsident Prof. Gert Naumann.

Besonders kritisch sehen BVF und DGGG die mangelnde Einbindung der Fachgesellschaften und Berufsverbände in die abschließenden Verhandlungen der Bundesärztekammer mit der PKV.

Symbolbild. Credits: Pixabay
Symbolbild. Credits: Pixabay

“Transparenz und Beteiligung fehlen”

Entgegen der Darstellung der Bundesärztekammer sei der aktuelle Entwurf nicht das Ergebnis eines breit abgestimmten Prozesses. Die zentralen Verhandlungen zwischen Bundesärztekammer, privater Krankenversicherung (PKV) und Beihilfe “liefen seit Ende 2021 ohne Rückkopplung mit ärztlichen Fachorganisationen”, heißt es in einer Mitteilung beider Organisationen, und: “Eine ursprünglich arztgetragene Version wurde ignoriert; stattdessen setzten sich die Kostenträger mit ihrer Forderung nach einer Deckelung des Vergütungsvolumens durch – zulasten der Leistungsbewertung”.

“Bewertungen ohne betriebswirtschaftliche Basis”

Obwohl die Bundesärztekammer betone, die neuen Leistungsbewertungen basierten auf betriebswirtschaftlichen Grundlagen, sei das für die Vertreter des Fachgebiets der Gynäkologie und Geburtshilfe nicht nachvollziehbar. Aus Sicht der Fachverbände sind die vorgesehenen Vergütungen weder transparent noch fachlich begründet. “Vielmehr zeugen die teils drastischen Abwertungen fachärztlicher Leistungen von einer willkürlichen Umverteilung zugunsten budgetschonender Mischkalkulationen”, betonen die Fachgesellschaften.

“Falsche Prioritäten: Sprechende Medizin ja – aber nicht auf Kosten der operativen Versorgung”

Die Aufwertung der sprechenden Medizin wird zwar grundsätzlich begrüßt – “doch die gleichzeitige systematische Abwertung diagnostischer und operativer Leistungen gefährdet aus Sicht der Verbände die Finanzierung und Durchführung hochkomplexer Behandlungen in der Gynäkologie und Geburtshilfe”. Modellrechnungen würden belegen: Je komplexer der Eingriff, desto größer der finanzielle Verlust, besonders im stationären Bereich.

“Versorgung in Gefahr”

Bereits heute seien viele Kliniken auf Einnahmen aus der Privatliquidation angewiesen. Eine Abwertung zentraler Leistungen in der GOÄneu drohe diese Finanzierungsquelle massiv zu schmälern. Die Folgen wären den Gesellschaften zufolge “Kliniksterben, längere Wartezeiten und eine medizinische Versorgung, die zunehmend ökonomisch statt patientenzentriert ausgerichtet ist”.

Labormedizin warnte bereits 2024 vor den Folgen der geplanten GOÄ-Novellierung

Kritik kommt auch von Deutschlands Labormedizinern und klinischen Chemikern. Die Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL) beispielsweise hat auf dem Deutschen Kongress für Laboratoriumsmedizin in Bremen bereits im September 2024 die geplante GOÄ-Novelle scharf kritisiert. Der Grund: Die Novelle sieht erhebliche Kürzungen bei der Vergütung der Labormedizin vor.

Eine Modellrechnung für eine Universitätsklinik habe gezeigt, „dass die Novelle im stationären Bereich Einbußen in Höhe von mehr als einem Viertel, im ambulanten Bereich gar von 40 Prozent bedeuten würde“.

Mit der geplanten Vergütungsstruktur würden  gerade Labore, die eine 24/7-Verfügbarkeit sicherstellen – also in Kliniken und Unikliniken – geschwächt. In der Folge drohe ein Verfall zentraler Bereiche der medizinischen Weiterentwicklung.

DGKL, BVF und die DGGG unterstützen die Kampagne „GOÄneu – so nicht“. Dem Bündnis gegen die beabsichtigte Abstimmung der GOÄneu beim 129. Deutschen Ärztetag haben sich mittlerweile 46 medizinische Fachgesellschaften, Berufsverbände, regionale Organisationen und Initiativen angeschlossen.

Weiterführende Informationen:

GOÄneu – wir sagen nein! | GOAneu So Nicht

Lesen Sie auch:

Neue GOÄ: Breite Allianz erkennt weiteren Gesprächsbedarf – MedLabPortal


Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

Gender-Hinweis. Die in diesem Text verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich immer gleichermaßen auf weibliche, männliche und diverse Personen. Auf eine Doppel/Dreifachnennung und gegenderte Bezeichnungen wird zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet.