Point-of-Care-Testing (POCT)
In der modernen Medizin zählt oft jede Minute. Stellen Sie sich vor, Sie kommen mit Brustschmerzen in die Notaufnahme, und die Ärzte müssen schnell herausfinden, ob es ein Herzinfarkt ist. Oder Sie haben Diabetes und müssen Ihren Blutzucker regelmäßig kontrollieren, ohne jedes Mal ins Labor zu gehen. Genau hier kommt das sogenannte Point-of-Care-Testing, kurz POCT, ins Spiel.
Was ist POCT?
Point-of-Care-Testing bedeutet auf Deutsch „Testen am Ort der Behandlung“. Anders als bei klassischen Labortests, bei denen Proben wie Blut oder Urin in ein Labor geschickt und dort analysiert werden, passiert beim POCT alles direkt vor Ort – sei es in der Arztpraxis, im Krankenhaus, in der Apotheke oder sogar zu Hause. Die Geräte sind oft klein, handlich und liefern Ergebnisse in wenigen Minuten. Beispiele sind Blutzuckermessgeräte, Schwangerschaftstests oder Tests, die in der Notfallmedizin Herzmarker wie Troponin bestimmen, um einen Infarkt auszuschließen oder zu bestätigen.
Das Prinzip ist einfach: Eine Probe wird genommen – etwa ein Tropfen Blut aus der Fingerspitze –, in ein Gerät eingelegt, und kurz darauf erscheint das Ergebnis auf einem Display. Kein Warten auf Laborberichte, keine langen Transportwege. Das macht POCT besonders praktisch und schnell.

Warum ist POCT so bedeutend?
Die Bedeutung von POCT liegt in seiner Geschwindigkeit und Flexibilität. In der Notfallmedizin kann es Leben retten, wenn Ärzte sofort wissen, ob ein Patient einen Herzinfarkt hat oder ob ein Schlaganfall droht. Auch bei Infektionen, wie etwa einer Sepsis, können schnelle Tests auf Entzündungswerte oder Erreger die Therapie beschleunigen. In Deutschland, wo die Gesundheitsversorgung flächendeckend gut ist, aber nicht überall große Labore in der Nähe sind, ist das ein riesiger Vorteil – besonders auf dem Land oder in kleineren Kliniken.
Für chronisch Kranke, wie Menschen mit Diabetes, ist POCT längst Alltag. Sie können ihren Blutzucker selbst messen und Insulin entsprechend anpassen, ohne ständig einen Arzt aufsuchen zu müssen. Das gibt ihnen mehr Freiheit und Kontrolle über ihre Krankheit. Auch in der Hausarztpraxis wird POCT immer wichtiger: Ein schneller Test auf CRP (ein Entzündungswert) kann zeigen, ob eine Erkältung mit Antibiotika behandelt werden muss oder nicht – das spart Zeit und verhindert unnötige Medikamenteneinnahme.
POCT in der Labormedizin: Ergänzung, kein Ersatz
Man könnte denken, POCT macht große Labore überflüssig. Aber das stimmt nicht. In Deutschland ist die Labormedizin hochentwickelt, mit präzisen Geräten und umfassenden Analysen, die oft mehr Details liefern als POCT. Während ein POCT-Gerät schnell ein einzelnes Ergebnis zeigt, können Labore Dutzende Parameter gleichzeitig untersuchen – etwa bei einer Blutuntersuchung, die Leber-, Nieren- und Schilddrüsenwerte abdeckt. POCT ist also eher eine Ergänzung: Es liefert sofortige Antworten, wenn es schnell gehen muss, während das Labor für komplexere oder langfristige Diagnosen zuständig bleibt.
Trotzdem verändert POCT die Labormedizin. Krankenhäuser setzen zunehmend auf sogenannte POCT-Systeme, die zentral verwaltet werden, aber dezentral genutzt werden können – etwa auf Intensivstationen oder in Operationssälen. Das spart Zeit und Ressourcen. Gleichzeitig steigen die Anforderungen: Die Geräte müssen zuverlässig sein, die Ergebnisse müssen mit Laborstandards übereinstimmen, und das Personal muss geschult werden, um sie richtig zu bedienen.
Chancen und Herausforderungen
POCT bringt viele Vorteile, aber auch Herausforderungen. Die schnellen Tests sind ideal für die Patientenversorgung vor Ort und können sogar Kosten senken, weil weniger Proben transportiert werden müssen. In Zeiten von Pandemien hat POCT gezeigt, wie wertvoll es ist: Schnelltests auf Corona haben geholfen, Infektionen früh zu erkennen und einzudämmen. Auch in der Telemedizin wird POCT wichtiger – Patienten können zu Hause testen und die Ergebnisse digital an ihren Arzt schicken.
Doch es gibt Haken: Die Qualität der Tests muss stimmen. Billige Geräte oder unsachgemäße Handhabung können falsche Ergebnisse liefern, was gefährlich sein kann. In Deutschland gibt es deshalb strenge Regeln – POCT fällt unter die Richtlinien der Bundesärztekammer und muss regelmäßig überprüft werden. Außerdem sind nicht alle Tests so genau wie Laboranalysen, und bei seltenen Krankheiten reicht POCT oft nicht aus. Ein weiterer Punkt ist der Datenschutz: Wenn Ergebnisse digital übertragen werden, müssen sie sicher vor Missbrauch geschützt sein.
Blick in die Zukunft
POCT ist aus der Medizin nicht mehr wegzudenken, und in Deutschland wächst sein Einsatz stetig. Neue Technologien machen die Geräte immer kleiner, präziser und vielseitiger. Manche können schon jetzt mehrere Werte gleichzeitig messen, etwa Blutzucker und Blutfette. Experten sehen großes Potenzial: In ländlichen Regionen könnte POCT die Versorgung verbessern, und in der Notfallmedizin könnte es noch mehr Leben retten. Gleichzeitig arbeiten Labore und Hersteller daran, POCT und klassische Analysen besser zu verzahnen – für eine Medizin, die schnell, genau und für alle verfügbar ist.
Kurz gesagt: POCT ist ein Gamechanger. Es bringt die Diagnostik direkt zum Patienten, macht die Medizin flexibler und schneller – und ergänzt die Labormedizin dort, wo sie am meisten gebraucht wird. In Deutschland ist es ein wichtiger Baustein für eine moderne, patientennahe Gesundheitsversorgung.
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Redaktion: X-Press Journalistenbürö GbR
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