ENVLPE: Gentherapie lässt blinde Mäuse wieder sehen

von | Apr. 10, 2025 | Forschung, Gesundheit

Ein Forschungsteam von Helmholtz Munich und der Technischen Universität München hat ein fortschrittliches Transportsystem für molekulare Werkzeuge zur Gen-Editierung wie die des CRISPR/Cas9-Systems entwickelt. Dieses ermöglicht nun eine erheblich höhere Effizienz bei der Einschleusung in lebende Zellen. Zuvor blinde Mäuse konnten nach der Behandlung wieder sehen.

Die Technologie mit dem Namen ENVLPE bedient sich speziell entwickelter, nicht-infektiöser virusähnlicher Partikel, um eine präzise Korrektur defekter Gene zu ermöglichen. Die Forschenden konnten diese Technik erfolgreich an lebenden Mausmodellen demonstrieren, die aufgrund einer Mutation blind waren.

Artistic depiction of ENVLPE delivering a gene-editing tool towards a recipient cell. | Quelle: Dong-Jiunn Jeffery Truong | Copyright: Dong-Jiunn Jeffery Truong
Artistic depiction of ENVLPE delivering a gene-editing tool towards a recipient cell. | Quelle: Dong-Jiunn Jeffery Truong | Copyright: Dong-Jiunn Jeffery Truong

ENVLPE basiert auf modifizierten, nicht-infektiösen Hüllen viralen Ursprungs. Diese dienen als Trägersysteme für molekulare Gen-Editoren wie Basen- oder Prime-Editoren – also spezialisierten CRISPR-Werkzeugen, die einzelne DNA-Basen im Genom chemisch verändern oder gezielt neue Sequenzen einfügen können. ENVLPE überwindet ein zentrales logistisches Problem bisheriger Verfahren: Während der Produktion der Partikel sorgt ein gezielt umgeleiteter zellulärer Transportmechanismus dafür, dass alle benötigten Komponenten zur richtigen Zeit am richtigen Ort zusammenkommen.

Bisherige Systeme enthielten häufig nur teilweise zusammengesetzte, nicht funktionsfähige Gen-Editoren, was deren Wirksamkeit stark einschränkte.

In enger Zusammenarbeit mit einem Team unter der Leitung von Prof. Krzysztof Palczewski, Professor für Augenheilkunde an der der University of California in Irvine (UC Irvine, USA), testeten die Forschenden das ENVLPE-System in einem Mausmodell für angeborene Blindheit. „Die Mäuse tragen eine schwerwiegende Mutation im Rpe65-Gen, das für die Produktion lichtsensitiver Moleküle in der Netzhaut unerlässlich ist“, sagt Samuel W. Du, Co-Autor der Studie und Doktorand an der UC Irvine: „Sie sind dadurch vollständig blind und reagieren nicht auf Lichtreize.“ Nach der Injektion von ENVLPE in den subretinalen Raum – den Bereich zwischen dem retinalen Pigmentepithel und den Photorezeptoren – zur Korrektur der Mutation begannen die Tiere auf Lichtreize zu reagieren. „Das Ausmaß, in dem die Sehfähigkeit sich wieder einstellte, war verblüffend“, ergänzt Julian Geilenkeuser, Co-Erstautor und Doktorand am Institut für Synthetische Biomedizin bei Helmholtz Munich: „Das hat uns gezeigt, dass unsere Partikel tatsächlich therapeutisches Potenzial im lebenden Organismus haben.“

ENVLPE steht für “Engineered Nucleocytosolic Vehicles for Loading of Programmable Editors”. Dabei handelt es sich um nicht-infektiöse virusähnliche Partikel, die genetische Werkzeuge wie Base- oder Prime-Editoren effizient in Zielzellen transportieren können. ENVLPE überwindet zwei zentrale Schwächen bisheriger Systeme: die Instabilität der mitgeführten guide-RNA und die ineffiziente Verpackung von ausschließlich funktionalen Gen-Editoren in den Produktionszellen. Durch gezielte Eingriffe in zelluläre Transportmechanismen konnte das Forschungsteam die Effizienz und Sicherheit des Systems deutlich steigern.

Original Paper:

Geilenkeuser, Armbrust et al., 2025: Engineered nucleocytosolic vehicles for loading of programmable editors. Cell, DOI: 10.1016/j.cell.2025.03.015

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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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