Revolution in der Medikamentenforschung: Mehr Antikörper, weniger Mäuse

von | März 18, 2025 | Forschung, Nicht kategorisiert

Ein Forschungsteam der Universität Zürich (UZH) hat eine bahnbrechende Technologie entwickelt, die die präklinische Testphase neuer Medikamente beschleunigt und den Einsatz von Versuchstieren drastisch reduziert. Mit der neuen Methode können bis zu 25 Antikörper gleichzeitig in einer einzigen Maus getestet werden – ein Meilenstein, der die Pharmaindustrie nachhaltiger und effizienter machen könnte.

Antikörper sind zentrale Bausteine moderner Medikamente, etwa in der Krebstherapie. Sie erkennen gezielt Strukturen auf Zellen oder Molekülen und binden daran, um ihre Wirkung zu entfalten. Bisher wurden solche Wirkstoffe einzeln in zahlreichen Versuchstieren geprüft, was hohe Kosten, lange Zeiträume und eine große Anzahl an Mäusen mit sich brachte. Die UZH-Forschenden unter der Leitung von Markus Seeger und Johannes vom Berg haben nun einen Weg gefunden, diesen Prozess zu revolutionieren.

Mäuse werden am häufigsten als Versuchstiere in Grundlagenforschung und Medikamentenentwicklung eingesetzt. | Quelle: Frank Brüderli | Copyright: Universität Zürich
Mäuse werden am häufigsten als Versuchstiere in Grundlagenforschung und Medikamentenentwicklung eingesetzt. | Quelle: Frank Brüderli | Copyright: Universität Zürich

Flycodes: Der Schlüssel zur Effizienz

Das Geheimnis der neuen Technologie liegt in sogenannten „Flycodes“ – Proteinbruchstücken, die als individuelle Barcodes dienen. Jeder Antikörper wird mit einem einzigartigen Flycode markiert, sodass nach der Verabreichung in einer Maus die Wirkstoffe aus Plasma- oder Gewebeproben separat analysiert werden können. „Wir konnten 25 Antikörper gleichzeitig testen und dabei hochwertige Daten gewinnen – mit deutlich weniger Tieren“, erklärt Johannes vom Berg vom Institut für Labortierkunde.

Die Methode liefert präzise Informationen darüber, wie lange ein Wirkstoff im Körper bleibt, ob er seine Zielstruktur trifft und wie er sich in Organen verteilt. Tests mit bereits zugelassenen Antikörpern, etwa gegen den EGF-Rezeptor in Tumorzellen, zeigten, dass die Flycodes die Wirkung nicht beeinträchtigen und die Substanzen ihre Ziele zuverlässig erreichen – selbst im Gemisch mit anderen Antikörpern.

Weniger Tiere, bessere Daten

Die Vorteile der Flycode-Technologie sind enorm: Neben der Beschleunigung der Forschung könnten die Versuchstierzahlen um das bis zu Hundertfache sinken. In der aktuellen Studie lieferten lediglich 18 Mäuse die Datenbasis – ein Bruchteil dessen, was bisher nötig war. Zudem ermöglicht die Methode direkte Vergleiche zwischen Kandidaten unter identischen Bedingungen, was die Qualität der Ergebnisse steigert. „Wir erhalten mehr und bessere Daten mit minimalem Ressourceneinsatz“, betont Markus Seeger vom Institut für Medizinische Mikrobiologie.

Ein Schritt in die Zukunft

Die Technologie wurde nicht nur mit Antikörpern, sondern auch mit 80 synthetischen Biomolekülen, sogenannten Sybodies, erfolgreich getestet. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Flycodes breit einsetzbar sind und die präklinische Forschung nachhaltig verändern könnten. „Das Potential zur Reduktion von Versuchstieren und zur Effizienzsteigerung ist riesig“, so Seeger. Die Methode könnte bald fester Bestandteil der Medikamentenentwicklung werden und einen wichtigen Beitrag zu ethischeren Ansätzen in der Wissenschaft leisten.

Original Paper:

Flycodes enable simultaneous preclinical analysis for dozens of antibodies in single cassette–dosed mice | PNAS

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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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