mHealth-App unterstützt MS-Patienten im Umgang mit Müdigkeit
Eine innovative Mobile-Health-App namens „More Stamina“ könnte die Lebensqualität von Menschen mit Multipler Sklerose (MS) erheblich verbessern. Das zeigt eine aktuelle Studie der Universität Oulu und des Universitätskrankenhauses Oulu, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Multiple Sclerosis and Related Disorders. Die App hilft Betroffenen, mit einem der belastendsten Symptome der Krankheit umzugehen: der chronischen Müdigkeit.
Unter der Leitung von Dr. Guido Giunti, Experte für digitale Gesundheit, sowie den Neurologen Dr. Mervi Ryytty und Assistenzprofessorin Johanna Krüger wurde die spielerische Anwendung über 60 Tage an 20 MS-Patienten getestet. „Müdigkeit ist ein unsichtbares, aber einschneidendes Symptom von MS“, erklärt Giunti. „More Stamina befähigt die Nutzer, ihr Energieniveau zu verstehen und ihren Alltag selbstbestimmt zu gestalten.“

Spielerischer Ansatz mit „Stamina Credits“
Die App nutzt sogenannte „Stamina Credits“, um den Energieverbrauch zu visualisieren. Nutzer können ihre täglichen Aktivitäten verfolgen und so fundierte Entscheidungen über ihre Tagesplanung treffen. Die Studie zeigt: Teilnehmer wurden sich ihrer Ermüdungsmuster bewusster, konnten ihre Tage besser strukturieren und fühlten sich besonders bei schwerer Müdigkeit gestärkt. Zudem förderte die App den Dialog mit Familienangehörigen und Ärzten, was das Verständnis für die Auswirkungen der Müdigkeit verbesserte.
Obwohl die Benutzerfreundlichkeit mit der Zeit zunahm, empfanden einige Teilnehmer die Dateneingabe als kognitiv herausfordernd – ein Hinweis auf Optimierungspotenzial. „Digitale Lösungen müssen auf die Bedürfnisse der Nutzer zugeschnitten sein“, betont Professorin Minna Isomursu, Mitautorin und Expertin für nutzerzentriertes Design. „Durch die enge Zusammenarbeit mit Patienten und Fachpersonal haben wir ein wirklich nützliches Werkzeug entwickelt.“
Ein Schritt zu evidenzbasierter digitaler Gesundheit
Bis zu 80 % der MS-Patienten leiden unter Müdigkeit, die körperliche, kognitive und emotionale Herausforderungen mit sich bringt. More Stamina hebt sich durch seinen forschungsbasierten Ansatz ab: Vom Design bis zur Erprobung wurde jede Phase wissenschaftlich begleitet. „Der Umgang mit MS-Müdigkeit ist individuell“, sagt Dr. Mervi Ryytty. „Ein Tool, das Energie sichtbar macht, kann die Behandlung sinnvoll ergänzen.“
Die Studie belegt die Praxistauglichkeit der App, doch die Forscher sehen weiteren Bedarf: „Größere, langfristige Studien sind nötig, um die klinische Wirkung vollständig zu bewerten“, so Dr. Johanna Krüger. Ziel ist es, More Stamina in umfassende MS-Therapien zu integrieren.
Brücke zwischen Patienten und Angehörigen
Ein unerwarteter Effekt: Die App stärkte den Austausch mit Familien. „Müdigkeit ist schwer zu erklären“, berichtet Patientin Tonja Molin-Juustila. „More Stamina macht sie greifbar und verwandelt Gespräche in Verständnis statt Schuldgefühle.“ Dieser menschliche Ansatz, kombiniert mit wissenschaftlicher Strenge, macht das Projekt besonders.
„Wir wollen Tools schaffen, die das Leben wirklich verbessern“, sagt Giunti. „More Stamina zeigt, wie Wissenschaft, Technologie und Patientenstimmen zusammenwirken können.“ Die Forscher hoffen, mit ihrem Ansatz Standards für digitale Gesundheitslösungen zu setzen. Finanziert wurde die Studie unter anderem von Business Finland und der EU.
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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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