Neueinstufung von Ethanol bedroht Versorgung und Infektionsschutz
Pharma Deutschland und 13 weitere Verbände der Gesundheitswirtschaft schlagen Alarm: Zwei laufende Verfahren auf nationaler und europäischer Ebene könnten den Einsatz von Ethanol im Gesundheitswesen und in der Produktion massiv einschränken. In einem gemeinsamen Forderungspapier warnen sie vor den gravierenden Folgen einer undifferenzierten Neueinstufung von Ethanol als generell krebserregend und reproduktionstoxisch. Dies könnte die Herstellung von Arzneimitteln, Medizinprodukten und den Infektionsschutz erheblich gefährden.
„Es ist dringend notwendig, sich gegen eine unsachgemäße Neueinstufung von Ethanol zu positionieren – sowohl national als auch auf EU-Ebene“, betont Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin von Pharma Deutschland. „Die beabsichtigte Einstufung würde den Einsatz von Ethanol stark einschränken und hätte fatale Konsequenzen für die medizinische Versorgung in Deutschland.“ Ethanol ist ein unverzichtbarer Bestandteil im Gesundheitswesen: Dank seiner starken keimtötenden Wirkung spielt es eine zentrale Rolle bei der Infektionsprävention, etwa in Desinfektionsmitteln, und ist essenziell für die Produktion von Medikamenten und Laboranalytik.

Die Verbände kritisieren, dass die geplante Neueinstufung teilweise auf Daten zum missbräuchlichen Konsum von Alkohol als Genussmittel basiert. „Ethanol als Biozid wird jedoch nicht oral aufgenommen“, hebt Brakmann hervor. „Im Gesundheitsbereich und in der Industrie ist seine Verwendung sicher und gut geregelt. Uns ist kein Fall einer Berufskrankheit bekannt, die mit Ethanol in diesem Kontext zusammenhängt.“ Die Bewertung ignoriere den spezifischen Anwendungskontext und die tatsächlichen Expositionswege – ein Ansatz, der aus Sicht der Verbände praxisfern und unverhältnismäßig ist.
Einzigartige Eigenschaften ohne Alternativen
Ethanol ist nicht nur wegen seiner Wirksamkeit gegen ein breites Spektrum von Krankheitserregern unverzichtbar – darunter unbehüllte Viren wie Polioviren und Noroviren –, sondern auch, weil es keine gleichwertigen Alternativen gibt. Während es in der EU Hunderte von Ethanolherstellern gibt, produzieren nur fünf Unternehmen Propanol, eine mögliche Alternative. „Das birgt ein hohes Risiko für Lieferengpässe“, warnen die Verbände. Eine Einschränkung von Ethanol könnte somit nicht nur die Versorgungssicherheit gefährden, sondern auch die Kosten im Gesundheitswesen in die Höhe treiben.
Breite Auswirkungen auf das Gesundheitswesen
Neben seinem Einsatz in Desinfektionsmitteln ist Ethanol ein Schlüsselbestandteil bei der Herstellung von Arzneimitteln, Medizinprodukten und in der diagnostischen Analytik. Eine pauschale Neueinstufung würde daher weitreichende negative Folgen für die öffentliche Gesundheit haben. „Wir fordern eine sachgemäße Beurteilung, die den tatsächlichen Anwendungskontext berücksichtigt“, heißt es im Forderungspapier, das auf der Website von Pharma Deutschland unter „Stellungnahmen & Positionspapiere“ abrufbar ist.
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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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