Medizinische Fachgesellschaft DGKJ warnt vor privaten Neugeborenen-Screenings
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) warnt vor kommerziellen Anbietern von Neugeborenenscreenings. Das geht aus der Stellungnahme der Screeningkommission der Fachgesellschaft hervor.
Das seit den 1960er Jahren bestehende öffentliche Screeningprogramm hat dem Papier zufolge bereits über 15.000 Kinder mit behandlungsbedürftigen Krankheiten frühzeitig identifiziert.
„Diese Erfolge des Neugeborenenscreenings nutzen nun auch private Anbieter, um umfangreiche kostenpflichtige Angebote als ‚Ergänzung‘ zum generellen Neugeborenenscreening zu bewerben“, heißt es dazu in der Stellungnahme, und: „Durch diese aktuell zu beobachtende massive Bewerbung werden Einsender und Eltern stark verunsichert“.
Daher betonen die Experten, dass das Neugeborenenscreening nur als Gesamtkonzept – als Programm – erfolgreich sei.
Entsprechend garantiere das G-BA geregelte Programm notwendige Qualitätsstandards, darunter:
- Schnelle Bearbeitungszeiten
- Zuverlässige Testverfahren
- Strukturierte Befundmitteilungen
- Gesicherte Nachbetreuung durch Spezialisten
Besonders kritisch sehen die Mediziner mögliche Verzögerungen bei der Diagnose durch private Anbieter:
„Eine Verzögerung dieser Abläufe und damit eine verzögerte Befundmitteilung und Therapie können bei mehreren Zielkrankheiten für das Neugeborene innerhalb weniger Tage lebensbedrohlich sein (Beispiel klassische Galaktosämie oder adrenogenitales Syndrom) oder zu einer nicht mehr reversiblen Beeinträchtigung der kognitiven Entwicklung führen (Beispiel: Hypothyreose). Dieses Risiko muss den Eltern bei alternativer Inanspruchnahme von Screenings privater Anbieter unmissverständlich mitgeteilt werden“.
Bei einigen Krankheiten könnten bereits wenige Tage Verzögerung zu lebensbedrohlichen Situationen oder bleibenden kognitiven Schäden führen.
Die Fachgesellschaft fordert eine bessere Aufklärung über die Unterschiede zwischen dem gesetzlich geregelten Screening und den kommerziellen Angeboten. Alle Neugeborenen in Deutschland haben einen Anspruch auf das staatliche Screening-Programm.
„In der Aufklärung über das Neugeborenenscreening muss der Unterschied zwischen dem in der Kinderrichtlinie des G-BA geregelten Neugeborenenscreening und den kostenpflichtigen Alternativangeboten aufgezeigt werden“, fordern daher die Kinder- und Jugendmediziner.
Quelle:
Monatsschr Kinderheilkd
https://doi.org/10.1007 /s00112-024-02061-0
Oliver Blankenstein, Christoph Härtel, Julia Hoefele, Georg F. Hoffmann, Friederike Hörster, Burkhard Lawrenz, Amelie Lotz-Havla, Esther Maier, Olaf Sommerburg , Carsten Speckmann , Michael S. Urschitz
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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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