Lungenkrebs NSCLC: Osimertinib verhindert Voranschreiten um rund das Siebenfache

von | Dez. 18, 2024 | Forschung, Gesundheit

Bei fortgeschrittenen, nicht-kleinzelligen Lungenkarzinomen (NSCLC), die nicht zu operieren sind, stellt die Radiochemotherapie den Therapiestandard dar. Sie kann in dieser Situation sogar noch zu einer Heilung führen, allerdings kommt es bei der Mehrheit der Behandelten oft bereits nach wenigen Monaten zur Progression. Wie die LAURA-Studie [1] zeigte, verlängerte die adjuvante Gabe von Osimertinib bei diesen Tumoren, wenn sie auch eine EGFR-Mutation aufweisen, die progressionsfreie Zeit signifikant um fast das Siebenfache. Nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) sollte daher in dieser Situation die Radiochemotherapie mit anschließender Osimertinib-Gabe neuer Therapiestandard werden.

In Deutschland erkranken pro Jahr etwa 55.000 Menschen an Lungenkrebs. (Credits: oracast/pixabay)
In Deutschland erkranken pro Jahr etwa 55.000 Menschen an Lungenkrebs. (Credits: oracast/pixabay)

Histologisch werden zwei Lungenkrebstypen unterschieden, das kleinzellige Lungenkarzinom („small cell lung cancer“/SCLC) und das nicht-kleinzellige Lungenkarzinom („non small cell lung cancer“/NSCLC), letzteres ist mit einem Anteil von 85 % an allen Lungenkrebsfällen sehr viel häufiger. Knapp ein Drittel dieser Tumoren wird erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert [2]. Das Stadium III des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms beinhaltet verschiedene lokal fortgeschrittene Tumorformen, die unterschiedliche Prognosen haben und auch mit unterschiedlichen multimodalen Konzepten behandelt werden [3].

Für die Diagnose und Wahl der bestmöglichen Therapiestrategie ist nicht nur das Stadium, sondern auch die molekulargenetische Analyse des Tumors entscheidend. Bestimmte Treibermutationen wie die EGFR-Mutation sorgen dafür, dass sich die Krebszellen immer weiter vermehren. Liegt bei Tumoren eine solche Mutation vor, können zielgerichtete Medikamente eingesetzt werden, die genau diese unterdrücken. Aus diesem Grunde wird in den Leitlinien [3] empfohlen, NSCLC-Patienten im Stadium III molekulargenetisch auf solche therapierelevanten Treibermutationen hin zu untersuchen.

Ein Medikament, das bei EGFR-Mutation eingesetzt wird und damit das unkontrollierte Krebswachstum hemmt, ist Osimertinib. Die ADAURA-Studie [4] konnte zeigen, dass es bei Patienten mit NSCLC in den Stadien IB, IIA und IIIA das progressionsfreie Überleben verbessert, weshalb es gemäß den Leitlinien auch Betroffenen im Stadium IIIA1 und IIIA2 nach kompletter chirurgischer Entfernung des Tumors (Resektion) und adjuvanter Chemotherapie angeboten werden kann. Doch stellt Osimertinib auch in einer weiter fortgeschrittenen Krankheitssituation, in der eine Resektion nicht empfohlen wird, sondern eine Radiochemotherapie erfolgt, eine Möglichkeit dar, um die Prognose weiter zu verbessern? Dieser Fragestellung ging die LAURA-Studie [1] nach. Patienten mit lokal fortgeschrittenem, nicht-operablem NSCLC im Stadium IIIA-C und EGFR-Treibermutation, die eine Chemo-Radiotherapie mit platinhaltiger Chemotherapie und einer Gesamtbestrahlungsdosis von 60 Gy ±10 % erhalten hatten, wurden in zwei Gruppen unterteilt. Eine Gruppe (n=143) erhielt 80 mg Osimertinib, die andere (n=73) ein Placebo. Die Behandlung erfolgte bis zur Krankheitsprogression, Toxizität oder anderen Abbruchgründen.

Im Ergebnis zeigte sich eine hohe Effektivität in der Behandlungsgruppe: Das progressionsfreie Überleben betrug 39,1 Monate (vs. 5,6 Monate in der Placebogruppe; p<0,001). Auch die Zeitspanne bis zur Bildung von Fernmetastasen war signifikant geringer und die kumulative Inzidenz von Fernmetastasen betrug unter Osimertinib nach 12 Monaten 11 % (vs. 37 % in der Placebogruppe). Darüber hinaus ging die Behandlung mit einer signifikant geringeren Wahrscheinlichkeit für Hirnmetastasen oder Tod einher. Zudem hatte die Therapie ein günstiges Nebenwirkungsprofil, es wurden keine Sicherheitssignale beobachtet.

„Noch haben wir keine Daten zum Gesamtüberleben, dem wichtigsten Kriterium für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Therapie, doch der Vorteil hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens und der verzögerten Bildung von Metastasen war so eindrucksvoll, dass man optimistisch sein darf“, erklärte Professor Dr. Stephanie Combs, Pressesprecherin der DEGRO. Die Expertin wies in diesem Zusammenhang auf die ADAURA-Studie [4], die das Medikament bei operierten Patienten im geringeren Tumorstadium getestet hatte und deren 5-Jahres-Überlebensdaten mittlerweile vorliegen: Es zeigte sich ein Gesamtüberleben von 85 % in der Osimertinib-Gruppe und von 73 % in der Placebogruppe (p<0.001). „Das gibt berechtigte Hoffnung, dass auch Patienten im fortgeschrittenen Tumorstadium III im Hinblick auf das Gesamtüberleben von dem Medikament profitieren könnten.“

[1] Lu S, Kato T, Dong X et al.; LAURA Trial Investigators. Osimertinib after Chemoradiotherapy in Stage III EGFR-Mutated NSCLC. N Engl J Med. 2024 Aug 15;391(7):585-597. doi: 10.1056/NEJMoa2402614. Epub 2024 Jun 2. PMID: 38828946.
[2] Ferro A, Sepulcri M, Schiavon M et al. The Multidisciplinary Approach in Stage III Non-Small Cell Lung Cancer over Ten Years: From Radiation Therapy Optimisation to Innovative Systemic Treatments. Cancers. 2022; 14: 5700. doi: 10.3390/cancers14225700
[3] Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe,AWMF): Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms,Langversion 2.1, 2022, AWMF-Registernummer: 020/007OL
https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/lungenkarzinom/; Zugriff am 12.12.2024
[4] Wu YL, Tsuboi M, He J et al.; ADAURA Investigators. Osimertinib in Resected EGFR-Mutated Non-Small-Cell Lung Cancer. N Engl J Med. 2020 Oct 29;383(18):1711-1723. doi: 10.1056/NEJMoa2027071. Epub 2020 Sep 19. PMID: 32955177

Originalpublikation

Osimertinib after Chemoradiotherapy in Stage III EGFR-Mutated NSCLC | New England Journal of Medicine

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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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