IVDR
Die IVDR – das steht für In Vitro Diagnostic Regulation – ist eine EU-Verordnung, die seit Mai 2017 existiert und die Regeln für sogenannte In-vitro-Diagnostika (IVD) festlegt. Das sind medizinische Produkte, die Proben wie Blut, Urin oder Gewebe außerhalb des Körpers analysieren, um Krankheiten zu erkennen oder den Gesundheitszustand zu überwachen. In Deutschland hat die IVDR seit ihrer vollständigen Anwendung am 26. Mai 2022 große Auswirkungen auf die Labormedizin – also auf Labore, die solche Tests durchführen.
Was ist die IVDR überhaupt?
Die IVDR ist ein Gesetz der Europäischen Union, das die alten Regeln für Diagnostika ablöst. Früher gab es eine Richtlinie (IVD-Richtlinie), die weniger streng war und den Mitgliedsstaaten mehr Spielraum ließ. Die neue Verordnung ist jedoch verbindlich und gilt direkt in allen EU-Ländern, also auch in Deutschland. Ihr Ziel: mehr Sicherheit und Zuverlässigkeit bei Diagnosetests. Nach einigen Skandalen – etwa mit unsicheren Brustimplantaten oder fehlerhaften Tests – wollte die EU sicherstellen, dass nur hochwertige und geprüfte Produkte auf den Markt kommen.
Die IVDR legt fest, wie solche Tests entwickelt, geprüft und überwacht werden müssen. Sie betrifft Hersteller, aber auch Labore, die eigene Tests entwickeln, sogenannte Inhouse-IVDs. Das sind Tests, die nicht kommerziell verkauft, sondern nur im eigenen Labor genutzt werden.
Was ändert sich für die Labormedizin?
In Deutschland ist die Labormedizin ein zentraler Teil der Gesundheitsversorgung. Ob Krebsdiagnosen, Infektionskrankheiten wie Corona oder die Überwachung von chronischen Erkrankungen – Labore liefern die Grundlage für viele Arztentscheidungen. Mit der IVDR kommen jetzt strengere Vorgaben, die vor allem drei Bereiche betreffen:
- Höhere Anforderungen an die Qualität: Jeder Test muss nachweisen, dass er sicher, genau und nützlich ist. Das bedeutet mehr Dokumentation und Studien, bevor ein Test zugelassen wird. Für Labore, die eigene Tests entwickeln, ist das eine große Umstellung, denn sie müssen jetzt ähnliche Standards erfüllen wie große Hersteller.
- Risikoklassen: Die IVDR teilt Diagnostika in vier Klassen ein (A bis D), je nachdem, wie riskant ein falsches Ergebnis wäre. Ein Schwangerschaftstest (Klasse B) hat andere Anforderungen als ein Test für lebensbedrohliche Krankheiten wie HIV (Klasse D). Für höhere Klassen braucht es eine unabhängige Prüfstelle, eine sogenannte Benannte Stelle. Das macht den Prozess aufwendiger und teurer.
- Kontrolle nach dem Marktstart: Auch nachdem ein Test zugelassen ist, wird er weiter überwacht. Labore und Hersteller müssen Daten sammeln und melden, wie gut ihre Tests in der Praxis funktionieren. Das soll sicherstellen, dass Probleme schnell erkannt werden.
Herausforderungen für deutsche Labore
Für die Labormedizin in Deutschland bringt die IVDR sowohl Chancen als auch Schwierigkeiten. Einerseits profitieren Patienten von sichereren Tests – ein falsches Ergebnis kann schließlich fatale Folgen haben. Andererseits bedeutet die Umstellung viel Arbeit. Besonders kleinere Labore oder Krankenhäuser, die eigene Tests entwickeln, stehen vor Herausforderungen. Sie brauchen mehr Personal, Geld und Know-how, um die neuen Regeln einzuhalten. Manche befürchten sogar, dass sie bestimmte Tests aufgeben müssen, wenn die Kosten zu hoch werden.
Ein weiteres Problem: Es gibt in Europa nicht genug Benannte Stellen, die die Tests prüfen können. Das führt zu Verzögerungen, obwohl die EU Übergangsfristen eingeführt hat – für manche Produkte sogar bis 2027 oder 2028. Trotzdem bleibt der Druck groß, sich schnell anzupassen.
Warum ist das wichtig?
Die IVDR mag bürokratisch klingen, aber sie hat einen echten Einfluss auf die Gesundheit. Stell dir vor, ein Corona-Test zeigt fälschlicherweise „negativ“, obwohl jemand infiziert ist – das gefährdet nicht nur den Einzelnen, sondern ganze Gemeinschaften. Oder ein Bluttest übersieht eine ernste Krankheit, weil er schlecht entwickelt wurde. Die IVDR soll solche Risiken minimieren.
In Deutschland, wo die Labormedizin ohnehin einen hohen Standard hat, geht es auch darum, diesen Ruf zu bewahren und international wettbewerbsfähig zu bleiben. Gleichzeitig müssen Labore und Behörden wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zusammenarbeiten, um die Umsetzung praktikabel zu gestalten.
Fazit
Die IVDR ist ein großer Schritt für die Labormedizin in Deutschland. Sie macht Diagnostik sicherer und transparenter, verlangt aber auch viel von Laboren und Herstellern. Es ist eine Art Balanceakt: Einerseits sollen Patienten geschützt werden, andererseits darf die Versorgung nicht leiden. Die nächsten Jahre werden zeigen, wie gut das gelingt – aber klar ist: Die Labormedizin wird durch die IVDR nachhaltig geprägt.
Dazu passend:
IVDR – Die Übersicht – MedLabPortal
Weiterführende Literatur:
- Struktur und Inhalt der EU-IVDR | Die Pathologie (springer.com)
- EU-Verordnung über In-vitro-Diagnostika IVDR | TÜV SÜD (tuvsud.com)
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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