Ersatz von Tierversuchen: 3R-Netzwerk wächst weiter
Das baden-württembergische 3R-Netzwerk wächst weiter. Im Januar 2025 starten drei neue Zentren in Karlsruhe, Furtwangen und Ulm. Ihr Hauptziel: Ersatzmethoden für Tierversuche zu entwickeln.
Das 3R-Netzwerk ist eine Initiative zur Förderung des 3R-Prinzips in der biomedizinischen Forschung. Die drei „R“ stehen für Replace (=Ersatz; Tierversuche sollen durch alternative Methoden ersetzt werden), Reduce (=Reduktion; die Anzahl der Versuchstiere soll reduziert werden) und Refine (=Verbesserung; die Belastung der Versuchstiere sollen minimiert werden).
„Unser 3R-Netzwerk verankert den Tierschutz nachhaltig in der baden-württembergischen Forschungslandschaft; Ersatzmethoden für Tierversuche werden durch vielfältige Forschungs- und Weiterbildungsaktivitäten noch bekannter. Künftig bringen drei neue Zentren und die Stärkung digitaler sowie KI-gestützter Ansätze das 3R-Netzwerk weiter voran“, sagte Wissenschaftsministerin Petra Olschowski am gestrigen Dienstag, 5. November, in Stuttgart. „Über den Tierschutz hinaus können im 3R-Netzwerk Innovationen entstehen, die komplexe biomedizinische Fragestellungen lösen und Forschungsergebnisse in die klinische Anwendung bringen – davon profitieren letztlich Patientinnen und Patienten. Deshalb unterstützen wir als Land die Zusammenarbeit unserer Hochschulen und Forschungseinrichtungen im 3R-Netzwerk weiterhin nach Kräften.“
Seit 2020 unterstützt das Wissenschaftsministerium den Aufbau eines landesweiten 3R-Netzwerks mit bislang rund 6,8 Millionen Euro.
An den bestehenden fünf 3R-Zentren in Heidelberg, Konstanz, Mannheim, Stuttgart und Tübingen werden beispielsweise humane Organ-on-chip-Modelle oder Computersimulationen für die Krebsforschung oder Medikamententestung entwickelt. Solche Innovationen und zielgerichtete Weiterbildungsangebote heben die biomedizinische Forschung auf die nächste Ebene. Jetzt wird das Netzwerk um Standorte am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), an der Hochschule Furtwangen und an der Universität Ulm erweitert. Diese neuen 3R-Zentren fördert das Wissenschaftsministerium für zunächst drei Jahre mit insgesamt 750.000 Euro.
Baden-Württemberg zeichnet sich durch eine hohe Dichte an biomedizinischen Forschungseinrichtungen und pharmazeutisch-chemischer Industrie aus. Deshalb kommt dem Land eine besondere Verantwortung beim Schutz von Versuchstieren zu. Weiterhin geht es im 3R-Netzwerk um die Verbesserung biomedizinischer Methoden, um eine bessere Übertragbarkeit von Forschungsergebnissen auf den Menschen und um einen schnelleren Transfer in die klinische Anwendung. In diesem Sinne wird aus dem 3R- zunehmend ein 6R-Prinzip. Die Erweiterung umfasst eine statistisch robuste Versuchsplanung, die Registrierung aller Versuche und eine Veröffentlichung von Negativergebnissen (Robustness, Registration, Reporting). Eines der Auswahlkriterien für die neuen Standorte im wettbewerblichen Verfahren waren Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen im 3R- beziehungsweise 6R-Bereich.
Die neuen 3R-Zentren im Überblick:
• Am Zentrum 3ROCKIT in Karlsruhe werden vor allem digitale Alternativen zum Tierversuch erforscht – darunter digitale Zwillinge für die Entwicklung von Gesundheitstechnologien. Ein automatisiertes, selbstoptimierendes Labor soll den Weg zu Ersatz- und Ergänzungsmethoden verkürzen. Dazu kommen ein weltweit abrufbares Erfassungssystem für Tierversuche und Alternativen sowie eine digitale Lernplattform. Insgesamt soll 3ROCKIT den Transfer auf den Markt beschleunigen sowie das Potenzial von Künstlicher Intelligenz und digitalen Methoden ausschöpfen und in das 3R-Netzwerk einbringen.
• Wissenschaftliche Schwerpunkte des neuen 3R-Zentrums an der Hochschule Furtwangen sind die Entwicklung von 3D-Gewebemodellen im Labor und im Computermodell sowie deren Transfer in die Praxis. Ein vielversprechendes Beispiel ist ein Haut- und Knochenmodell. Das neue „3R Entwicklungs- und Transferzentrum für 3D-Gewebemodelle in vitro und in silico“ stellt darüber hinaus die Aus- und Weiterbildung im Bereich 3R/6R in den Mittelpunkt. Außerdem sollen Service- und Beratungsangebote für die lokale Industrie etabliert werden.
• Das iR-Centre der Universität Ulm baut auf langjähriger Erfahrung bei der Optimierung unvermeidbarer Tierversuche (Refinement) auf. Im neuen 3R-Zentrum soll ein Refinement-Labor mit einem Fokus auf der Tumor- und Traumaforschung entstehen. Weitere Schwerpunkte in Ulm sind die Weiterentwicklung der Stammzell- und Organoid-Technologie für die personalisierte Medizin. Um Tierversuche zu reduzieren, entsteht eine Biobank zum Austausch von tierischem Gewebe.
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