Durchbruch in der Suchtforschung: Shisa7-Gen könnte Schlüssel zur Bekämpfung der Opioid-Krise sein
Eine neue Studie liefert bahnbrechende Einblicke in die neurobiologischen Mechanismen der Heroinsucht. Forscher haben eine molekulare Signatur im orbitofrontalen Kortex entdeckt und das Gen Shisa7 als zentralen Akteur identifiziert – ein Fund, der die Entwicklung neuer Therapien gegen die Opioidepidemie vorantreiben könnte.
Maschinelles Lernen enthüllt Suchtgeheimnisse
Unter der Leitung von Dr. Yasmin L. Hurd vom Friedman Brain Institute und dem Addiction Institute der Icahn School of Medicine am Mount Sinai in New York nutzte das Team maschinelles Lernen, um die molekularen Spuren der Heroinsucht zu entschlüsseln. Der orbitofrontale Kortex, eine Hirnregion, die Impulskontrolle und drogensuchendes Verhalten steuert, stand im Fokus. „Wir wollen über die akuten Belohnungsmechanismen hinausblicken und die Kernphänotypen der Sucht verstehen“, erklärt Dr. Hurd. Der Algorithmus identifizierte nicht nur charakteristische Signaturen im Gehirn von Heroinkonsumenten, sondern hob Shisa7 als Schlüsselmolekül hervor – ein Gen, das bisher in der Suchtforschung kaum Beachtung fand.

Shisa7: Ein neuer Ansatzpunkt
In präklinischen Nagetiermodellen zeigte sich, dass die Modulation von Shisa7 das Suchtverhalten und die kognitive Flexibilität beeinflusst. „Die Überexpression dieses Gens imitiert die Veränderungen im Transkriptom, die wir bei wiederholtem Heroinkonsum sehen“, sagt Dr. Hurd. Überraschend war die Verbindung zu neurodegenerativen Prozessen: Shisa7 interagiert mit GABA- und Glutamat-Rezeptoren, wichtigen Neurotransmittern, die auch bei Erkrankungen wie Alzheimer eine Rolle spielen. „Das deutet auf langfristige Risiken des Opioidkonsums hin“, ergänzt Hauptautor Dr. Randall Ellis.
KI als Forschungsturbo
„Maschinelles Lernen hat uns auf einen aufregenden Entdeckungspfad geführt“, betont Ellis. Die Methode analysierte tausende Gene aus RNA-Sequenzierungen und deckte Muster auf, die Krankheitszustände vorhersagen können. „Das zeigt das Potenzial von KI, komplexe biologische Systeme zu entschlüsseln“, sagt er. Die Studie nutzte Daten von menschlichem Hirngewebe und kombinierte diese mit Tiermodellen, um die Ergebnisse zu validieren – ein Ansatz, der neue Behandlungswege eröffnen könnte.
Original Paper:
„Machine Learning Analysis of the Orbitofrontal Cortex Transcriptome of Human Opioid Users Identifies Shisa7 as a Translational Target Relevant for Heroin Seeking Leveraging a Male Rat Model“ von Randall J. Ellis, Jacqueline-Marie N. Ferland, Tanni Rahman, Joseph L. Landry, James E. Callens, Gaurav Pandey, TuKiet Lam, Jean Kanyo, Angus C. Nairn, Stella Dracheva, and Yasmin L. Hurd (https://doi.org/10.1016/j.biopsych.2024.12.007). Der Artikel erscheint online in Biological Psychiatry, veröffentlicht von Elsevier. Der Artikel ist für 30 Tage unter https://www.biologicalpsychiatryjournal.com/article/S0006-3223(24)01815-8/fulltext frei zugänglich.
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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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