Corynebacterium glutamicum ist Bakterie des Jahres 2025
Corynebacterium glutamicum – ein „Keulenbakterium“ – ist die Mikrobe des Jahres 2025. Dieses Bakterium produziert so viel Aminosäuren, die einen Güterzug quer durch Deutschland füllen würden. Corynebacterium glutamicum gilt als hidden champion unter den Bakterien, als unbekannter Weltmarktführer: Allein 3,5 Millionen Tonnen des Geschmackstoffs Natriumglutamat jährlich liefert das Bakterium, zudem viele weitere Aminosäuren und Proteine für die Lebensmittel- und Futterproduktion. Die Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM) ernennt mit Corynebacterium glutamicum eine Mikrobe des Jahres von hoher industrieller Bedeutung.
Die länglichen Corynebakterien verdanken ihren Namen ihrer Keulen-Form – griechisch coryne. Ursache ist ein ungleichmäßiges Wachstum der Zellwände an beiden Zellenden: Während des Wachstums wird neues Zellwandmaterial zunächst bevorzugt an einem Ende der Zelle eingebaut. Zudem schützt eine mehrschichtige, sehr stabile und wasserabweisende Zellhülle die Bakterien vor schädlichen Stoffen. Die besondere Zellhülle führt auch zu einer ungewöhnlichen Teilung: Die Tochterzellen schnappen einseitig auf, sodass eine charakteristische V-Form entsteht.
Das natürlicherweise im Boden lebende Corynebacterium glutamicum ist nicht nur robust und produktiv, sondern für Menschen zudem völlig harmlos. Auch viele andere Corynebakterien-Arten, die etwa auf unserer Haut leben, sind ungefährlich, wenn nicht sogar für unser Mikrobiom nützlich. Ganz anders einige Verwandte: Corynebacterium diphtheriae, der „Würgeengel der Kinder“, tötete bis Ende des 19. Jahrhunderts jährlich etwa 50 000 Kinder deutschlandweit. Auch andere in Tieren verbreitete Corynebacterium-Arten besitzen Toxine – mit dem Risiko, dass daraus auch für den Menschen gefährliche Krankheiten entstehen. Corynebakterien sind zudem verwandt mit Mycobacterium tuberculosis, dem Erreger der Lungentuberkulose, an der jährlich 1,5 Millionen Menschen weltweit sterben. Die Ähnlichkeiten beispielsweise im Zellwandaufbau können genutzt werden, um mit Hilfe der Mikrobe des Jahres Angriffspunkte für neue Medikamente zu identifizieren. So deckt Corynebacterium glutamicum die gesamte Bandbreite vom winzigen Forschungsobjekt bis zum Industrieproduzenten im Tonnenmaßstab ab.
Lesen Sie auch:
Neue Therapien: Deutschland bereitet sich auf Malaria vor – MedLabPortal
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
Gender-Hinweis. Die in diesem Text verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich immer gleichermaßen auf weibliche, männliche und diverse Personen. Auf eine Doppel/Dreifachnennung und gegenderte Bezeichnungen wird zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet.