Bioprinting: ETH Zürich entwickelt 3D-Brustgewebemodell zur Erforschung der Muttermilchbildung

von | Juni 30, 2025 | Forschung, Gesundheit, Nicht kategorisiert

Forschende der ETH Zürich haben ein bahnbrechendes Modell von milchbildendem Brustgewebe entwickelt, das neue Einblicke in die Prozesse der Muttermilchbildung ermöglicht. Unter der Leitung von Prof. Marcy Zenobi-Wong, Expertin für Gewebetechnologie und Biofabrikation, wurde mithilfe von 3D-Drucktechnologie und Zellen aus menschlicher Muttermilch ein funktionelles Gewebemodell geschaffen, das Milchbestandteile wie β-Casein und Milchfettkügelchen produziert. Die Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift „Science Advances“, markiert einen wichtigen Fortschritt in der Laktationsforschung und könnte langfristig auch Anwendungen in der Medikamentenforschung oder bei Brustkrebsstudien finden.

3D-Modell einer milchbildenden Einheit der menschlichen Brust: Links ist der digitale Entwurf zu sehen, rechts die gedruckte Struktur, hergestellt mit volumetrischem 3D-Druck und sichtbar gemacht mit einem Light-Sheet Mikroskop.  (Illustration: Amelia Hasenauer / ETH Zürich)
3D-Modell einer milchbildenden Einheit der menschlichen Brust: Links ist der digitale Entwurf zu sehen, rechts die gedruckte Struktur, hergestellt mit volumetrischem 3D-Druck und sichtbar gemacht mit einem Light-Sheet Mikroskop.  (Illustration: Amelia Hasenauer / ETH Zürich)

Das Modell basiert auf einer innovativen Technik namens volumetrisches Bioprinting, bei der eine Flüssigkeit durch gezielte Laserbestrahlung gehärtet wird, um in Sekundenschnelle Strukturen zu formen, die den Milchgängen und -alveoli der menschlichen Brust ähneln. Das verwendete Material, gewonnen aus Eutergewebe von Kühen, enthält ähnliche Bestandteile wie menschliches Brustgewebe und bildet die Grundlage für die künstlichen Hohlräume. In diese Strukturen wurden Milchepithelzellen eingefügt, die direkt aus Muttermilch isoliert wurden. Diese Zellen, darunter Laktozyten, die für die Milchproduktion verantwortlich sind, bilden während der Laktation natürlicherweise Bestandteile der Muttermilch und konnten im Modell eine dichte Zellschicht an den Innenwänden der künstlichen Milchgänge bilden.

Die Forschenden stellten fest, dass die Zellen im Modell funktionsfähig sind und wesentliche Milchbestandteile produzieren. Dieser Nachweis ist ein bedeutender Schritt, da die komplexen Prozesse der Milchbildung trotz ihrer Bedeutung für die Ernährung Neugeborener bislang nur unzureichend verstanden sind. Muttermilch enthält Hunderte Komponenten, darunter Proteine, Fette, komplexe Zuckerarten, Immunzellen und Mikroorganismen, die exakt auf die Bedürfnisse von Säuglingen abgestimmt sind. Das neue Modell ermöglicht es erstmals, milchbildende Zellen unter kontrollierten Laborbedingungen zu untersuchen, was gezielte Experimente zur Funktionsweise der Laktation und zu äußeren Einflüssen wie Medikamenten oder Chemikalien erleichtert.

Obwohl das Modell noch keine vollständige Muttermilch produziert, bietet es ein wertvolles Instrument für die Forschung. Es könnte helfen, Herausforderungen beim Stillen zu adressieren, die viele Frauen erleben, und Antworten auf Fragen zu liefern, die bisher offenblieben. Darüber hinaus eröffnet das Modell Perspektiven für weitere Anwendungen, etwa die Untersuchung der Auswirkungen von Medikamenten auf die Milchbildung oder die Entwicklung von Modellen für Brustkrebsforschung. Die Forschenden planen, die Milchproduktion im Modell durch Optimierung der 3D-Drucktechnologie weiter zu steigern, um die Funktionalität zu verbessern.

Die Studie hebt zudem die Notwendigkeit hervor, Aspekte der weiblichen Biologie stärker wissenschaftlich zu erforschen. Prozesse wie Laktation, Endometriose oder Fruchtbarkeitsprobleme wurden lange vernachlässigt, obwohl sie für die Gesundheit von Millionen Frauen relevant sind. Ein Vorteil des neuen Modells ist seine ethische und niederschwellige Herstellung: Anstelle invasiver Methoden oder Tierversuche nutzt es Zellen, die natürlicherweise in Muttermilch vorhanden sind. Dies erleichtert die Forschung und könnte die Sichtbarkeit frauenspezifischer Gesundheitsthemen erhöhen.

Die Arbeit der ETH Zürich zeigt, wie innovative Technologien wie der volumetrische 3D-Druck die biomedizinische Forschung revolutionieren können. Durch die Kombination von Biofabrikation und natürlichen Zellquellen entsteht ein Modell, das nicht nur die Grundlagenforschung vorantreibt, sondern auch praktische Anwendungen in der Medizin ermöglicht. Die Forschenden betonen, dass weitere Studien nötig sind, um das volle Potenzial des Modells auszuschöpfen, doch die aktuellen Ergebnisse legen eine solide Grundlage für zukünftige Entwicklungen in der Laktations- und Gesundheitsforschung.

Original Paper:

Volumetric printed biomimetic scaffolds support in vitro lactation of human milk-derived mammary epithelial cells | Science Advances

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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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