Analyseverfahren revolutioniert die Diagnostik von Kopf- und Halstumoren

von | Okt 29, 2024 | Allgemein, Forschung, Gesundheit

Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Sara Wickström hat eine neue Technik entwickelt, mit der die Eigenschaften von Krebszellen und des sie umgebenden Gewebes auf der Ebene einzelner Zellen genau analysiert werden können. Diese Innovation ermöglicht eine umfassendere Beurteilung der Prognose und des Therapieansprechens bei Kopf-Hals-Krebs und ebnet den Weg für eine präzisere Diagnose.

Patientenbiopsien wurden mit fluoreszierenden Antikörpern gefärbt. Die Kombination von morphologischen und Zellstatus-Markern ermöglicht eine multiparametrische Beschreibung jeder Zelle im Gewebe. | Copyright: Universität Helsinki / Karolina Punovuori |
Patientenbiopsien wurden mit fluoreszierenden Antikörpern gefärbt. Die Kombination von morphologischen und Zellstatus-Markern ermöglicht eine multiparametrische Beschreibung jeder Zelle im Gewebe. | Copyright: Universität Helsinki / Karolina Punovuori 

Krebserkrankungen im Kopf-Hals-Bereich haben in den letzten 30 Jahren deutlich zugenommen. Jährlich gibt es in Deutschland etwa 18.000 bis 20.000 Neuerkrankungen an Kopf-Hals-Tumoren. Insbesondere die Inzidenz von Karzinomen des mittleren Rachenraumes hat zugenommen, was mit der Zunahme von Infektionen mit humanen Papillomaviren (HPV) in Zusammenhang gebracht wird.

Mit einer auf maschinellem Lernen basierenden Methode hat ein interdisziplinäres Forscherteam um Sara Wickström von der Universität Helsinki in Zusammenarbeit mit der Universität Turku und dem Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Deutschland Hunderte von Biobank-Patientenproben bis auf die Ebene einzelner Zellen genau analysiert. Die neue Technologie kombiniert Indikatoren für das Verhalten von Krebszellen und die Architektur des Tumors und des umgebenden gesunden Gewebes, um eine Art “Fingerabdruck” für jeden Patienten zu erstellen, der zur Beurteilung der Prognose und des Ansprechens auf eine Krebstherapie verwendet werden kann.

Das wichtigste Ergebnis der Studie war die Entwicklung eines neuen bildgebenden Verfahrens, das die Analyse von Biomarkern des Zellverhaltens mit morphologischen Analysen der Form einzelner Zellen und der Struktur des gesamten Tumorgewebes kombiniert. Mit dieser Methode konnten zwei neue, bisher unentdeckte Patientengruppen identifiziert werden: Die erste Gruppe hatte eine außergewöhnlich gute, die zweite eine außergewöhnlich schlechte Prognose. Der Unterschied wurde durch eine spezielle Kombination eines bestimmten Krebszellstatus und der Zusammensetzung des Gewebes, das die Krebszellen umgibt, erklärt. In der zweiten Gruppe wurde die Aggressivität der Krankheit mit der Signalübertragung zwischen dem Krebsgewebe und dem umgebenden gesunden Bindegewebe in Verbindung gebracht, die durch den epidermalen Wachstumsfaktor (EGF) vermittelt wird.

“Diese Ergebnisse sind ein Durchbruch im Verständnis der Krebsentwicklung und -diagnostik. Wir haben zum ersten Mal gezeigt, dass bestimmte Kombinationen von bösartigen Zellen und Gewebezelltypen in vermeintlich gesundem Gewebe einen starken prognostischen Effekt auf das Fortschreiten von Krebs haben. Darüber hinaus haben wir einen zentralen Signalweg identifiziert, der diesen Kombinationseffekt erklärt und der pharmakologisch gezielt angegangen werden kann, um das Fortschreiten der Krebserkrankung signifikant zu beeinflussen”, sagt Forschungsleiterin Sara Wickström. Sara Wickström war Professorin an der Universität Helsinki, bevor sie bis Ende 2021 Direktorin am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster wurde.

“Darüber hinaus konnten wir mit unserer Methode Patienten mit besonders schlechter Prognose identifizieren, die von einer aggressiven Behandlungsstrategie profitieren würden. Auf der anderen Seite haben wir auch eine Gruppe von Patienten mit einer guten Prognose identifiziert, für die eine weniger aggressive Behandlung, zum Beispiel eine Operation allein, ausreichend sein könnte. Dies würde dazu beitragen, die Lebensqualität der Patienten zu erhalten”, sagt Karolina Punovuori, Erstautorin der Studie und Postdoktorandin in der Forschungsgruppe der Universität Helsinki.

Originalpublikation:
Multiparameter imaging reveals clinically relevant cancer cell – stroma interaction dynamics in head and neck cancer
Karolina Punovuori, Fabien Bertillot, Yekaterina A. Miroshnikova, Mirjam I. Binner, Satu-Marja Myllymäki, Gautier Follain, Kai Kruse, Johannes Routila, Teemu Huusko, Teijo Pellinen, Jaana Hagström, Noemi Kedei, Sami Ventelä, Antti Mäkitie, Johanna Ivaska, and Sara A. Wickström
Cell, 28. Oct, 2024, online vor Print.

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