Vogelgrippe: “Übertragung vom Tier zum Menschen wahrscheinlich”
Die meisten Influenzaviren dringen mit einem ihrer Hüllproteine, die wie Spikes aus der Oberfläche herausragen, in die Wirtszelle ein. Das sogenannte Hämagglutinin bindet an Sialinsäure, eine chemische Gruppe auf der Oberfläche von menschlichen Zellen sowie von Zellen diverser Tierarten. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Silke Stertz vom Institut für Medizinische Virologie der Universität Zürich (UZH) zeigt nun, dass die Viren eine zweite Eintrittspforte nutzen können, um sich in die Zellen einzuschleusen.
“Menschliche Influenza-A-Viren des Subtyps H2N2 und das verwandte H2N2-Vogelgrippevirus können über einen zweiten Rezeptor in die Zellen gelangen. Sie nutzen also einen alternativen Eintrittsweg”, so Stertz.
Wie die Forschenden entdeckten, bindet Hämagglutinin auch an Proteinkomplexe der MHC-Klasse-II. Diese Proteinkomplexe sitzen auf der Oberfläche bestimmter Immun- und Atemwegszellen und sind zuständig dafür, körpereigene und körperfremde Zellen und Strukturen zu unterscheiden. “Wir haben herausgefunden, dass MHC-Klasse-II-Komplexe von Menschen sowie von Schweinen, Enten, Schwänen und Hühnern den Viren den Zelleintritt ermöglichen, nicht aber jene von Fledermäusen”, sagt Stertz.
Übertragung vom Tier zum Menschen wahrscheinlich
Bestätigt wurde die doppelte Infektionsfähigkeit der H2N2-Influenzaviren in tierischen Zelllinien, die im Labor gezüchtet wurden, und in menschlichen Atemwegskulturen. Wie genau der virale Rezeptor auf die Strukturen der Zelloberfläche passt, ist entscheidend dafür, welche Wirtsarten und Gewebe infiziert werden und wie krank ein infiziertes Individuum letztendlich wird. Die Rezeptorspezifität beeinflusst auch, ob das Virus von einer Tierart auf eine andere oder auf den Menschen springen kann – in der Fachwelt Zoonose genannt.
“Nach unseren Ergebnissen können sich Influenzaviren anpassen, um unterschiedliche Eintrittswege zu nutzen. Dies dürfte auch ihre Fähigkeit steigern, unterschiedliche Arten zu infizieren und zwischen Tieren und Menschen zu wechseln”, betont Virologin Silke Stertz.
Das Risiko, dass Influenzaviren von Vögeln, Schweinen und anderen Tieren Quelle für eine pandemische Grippe beim Menschen sein können, ist so möglicherweise grösser als bisher angenommen. Dass sich H2N2-Influenzaviren 1957 in Asien zur weltweiten Grippepandemie entwickelten, könnte mitunter auf die Fähigkeit zurückgehen, MHC-Klasse-II-Komplexe für den Zelleintritt zu nutzen. Grund genug, die globale Influenzaüberwachung bei Tieren und Menschen zu verstärken.
Original Paper:
Lesen Sie dazu auch:
- DGKL: Vogelgrippe: Die Fakten
- DGKL: Vogelgrippe und Ernährung: Was Sie beim Kochen beachten müssen
- DGKL: NACHGEFRAGT zu Vogelgrippe: “Man muss das Ganze sehr genau im Auge behalten”
Die Beiträge im News-Bereich werden erstellt vom
X-Press Journalistenbüro GbR
Schwimmbadstr. 29
37520 Osterode am Harz
Web: www.xpress-journalisten.com
E-Mail: redaktion(at)med-lab-portal.de