Sehverschlechterung durch Makulaödem: Zusatznutzen von Faricimab ist nicht belegbar

von | Dez. 4, 2024 | Allgemein, Forschung, Gesundheit

Seit Juli 2024 ist Faricimab in Europa auch zur Behandlung von Visusbeeinträchtigungen durch Makulaödeme infolge eines retinalen Venenverschlusses zugelassen. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat nun in einer frühen Nutzenbewertung untersucht, ob Faricimab Patienten Vorteile gegenüber Ranibizumab oder Aflibercept bietet. Der Hersteller legte jedoch keine geeigneten Daten vor. Daher sieht das Institut keinen Nachweis für einen Zusatznutzen von Faricimab gegenüber den Vergleichstherapien.

Mit der Zunahme von Diabetes-Fällen steigt auch die Zahl der Menschen, die an einem Makulaödem leiden. (Credits: Engin Akyurt/pexels)
Mit der Zunahme von Diabetes-Fällen steigt auch die Zahl der Menschen, die an einem Makulaödem leiden. (Credits: Engin Akyurt/pexels)

Zwar reichte der Hersteller mit seinem Dossier Ergebnisse der abgeschlossenen RCTs (Randomized Controlled Trials) BALATON und COMINO ein, in denen Faricimab und Aflibercept miteinander verglichen wurden, schreibt das IQWiG. Jedoch hätten die Behandlungsschemata in beiden Studien nicht den Vorgaben der Fachinformationen entsprochen: Die Patienten wurden auch bei stabilem Befund weiterbehandelt, eine individuelle Anpassung der Dosierungsschemata war in der Studienphase, in der Faricimab mit Aflibercept verglichen wurde, nicht möglich. Somit seien die Studien nicht für die Nutzenbewertung geeignet.

Hintergrund

Gemäß jeweiliger Fachinformation sollte die Behandlung mit Faricimab oder Aflibercept zunächst alle vier Wochen erfolgen, wobei möglicherweise drei oder mehr aufeinanderfolgende monatliche Injektionen erforderlich sind. Anschließend sollte die Behandlung individuell entsprechend eines „Treat-and-Extend“-Dosierungsschemas angepasst werden, abhängig von der Krankheitsaktivität. Anhand der Daten, unter anderem zur bestkorrigierten Sehschärfe, ist zu erkennen, dass bei einem großen Anteil der Patienten in den Studien BALATON und COMINO bereits nach acht bis zwölf Wochen eine Stabilisierung erreicht wurde. Laut Studiendesign war eine individuelle Anpassung des Dosierungsschemas aber erst in der zweiten, nicht mehr vergleichend angelegten Studienhälfte ab Woche 24 möglich, in der zudem alle Patienten eine Therapie mit Faricimab erhielten. Demnach ist ein relevanter Anteil der Patienten – trotz stabilen Befundes – mit einem unveränderten Behandlungsschema weiterbehandelt worden. Daten zum Vergleich von individualisierten Dosierungsschemata von Faricimab und Aflibercept hätten somit nicht vorgelegen.

Laut European Public Assessment Report hatte die European Medicines Agency (EMA) dem Hersteller im Rahmen ihrer Beratung explizit empfohlen, eine Studie mit einem Treat-and-Extend-Dosierungsschema in beiden Studienarmen aufzusetzen. Dem sei der Hersteller nicht gefolgt.
Dass es auch anders gehe, zeige die RCT TALON, in der Brolucizumab und Aflibercept zur Behandlung der neovaskulären (feuchten) altersabhängigen Makuladegeneration miteinander verglichen werden. In der TALON-Studie werde in beiden Armen ein Treat-and-Extend-Schema eingesetzt, das eine patientenindividuelle Anpassung der Behandlungsintervalle abhängig von der Krankheitsaktivität erlaube. Die Studie sei deshalb für die Anfang 2024 durchgeführte frühe Nutzenbewertung des Wirkstoffs Brolucizumab geeignet.

Die Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der Gemeinsame Bundesausschuss (G BA) verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der G BA ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.

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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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