Neues Computermodell entschlüsselt Vesikel-Zyklus im Gehirn
Forschende der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und des Okinawa Institute of Science and Technology (OIST) in Japan haben ein bahnbrechendes Computermodell entwickelt, das den gesamten Zyklus von Vesikeln – kleinen Bläschen, die Botenstoffe in Nervenzellen transportieren – detailliert abbildet. Die Ergebnisse, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Science Advances, könnten neue Ansätze für die Behandlung neurologischer Erkrankungen liefern.
Vesikel sind essenziell für die Kommunikation zwischen Nervenzellen, da sie Neurotransmitter transportieren und an den Synapsen freisetzen, um Informationen weiterzuleiten. Störungen in diesem Zyklus – von der Bildung über die Freisetzung bis zum Recycling oder Abbau – können zu Erkrankungen wie myasthenischen Syndromen oder Depressionen führen. Bisher war der Vesikel-Zyklus nur unvollständig verstanden, da die komplexen Wechselwirkungen experimentell schwer zu untersuchen sind.

Das neue Modell, entwickelt unter der Leitung von Prof. Dr. Silvio O. Rizzoli (UMG) und Prof. Dr. Erik De Schutter (OIST), bildet den Vesikel-Zyklus im Hippocampus, der für die Gedächtnisbildung entscheidend ist, in bislang unerreichter Präzision nach. Es berücksichtigt die Interaktionen der Vesikel mit ihrer zellulären Umgebung und simuliert ihr Verhalten sowohl unter normalen Bedingungen als auch bei extrem hohen Stimulationsfrequenzen, die in der Natur selten vorkommen. Dabei identifizierten die Forschenden Schlüsselproteine, die die Freisetzung von Vesikeln aus einem Reservepool steuern, sowie molekulare Mechanismen, die durch Bindeglieder eine schnelle Neurotransmitter-Freisetzung ermöglichen.
Das Modell erweitert das Verständnis der synaptischen Funktionen und bietet ein Werkzeug, um Hypothesen zu neurologischen Erkrankungen zu testen. Zukünftig könnte es die Entwicklung neuer Therapien unterstützen, indem es die Wirkung von Medikamenten auf den Vesikel-Zyklus simuliert. Die Erkenntnisse tragen dazu bei, die Funktionsweise des Gehirns besser zu verstehen und die Grundlagen für innovative Behandlungsansätze bei neurologischen Erkrankungen zu schaffen.
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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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