Neuer Blutgruppentyp AnWj-negativ: Afrika bleibt bei Umsetzung von Tests zurück

von | Mai 19, 2025 | Forschung, Gesundheit, Nicht kategorisiert

Ein britisches Forschungsteam identifizierte Ende 2024 den seltenen Blutgruppentyp AnWj-negativ, der durch eine Mutation des MAL-Gens entsteht. Diese Entdeckung gilt als Meilenstein für die globale Transfusionssicherheit, da sie das Risiko schwerer Immunreaktionen bei Blutübertragungen weiter reduziert. Während in Europa bereits über die Integration in die klinische Praxis diskutiert wird, können viele afrikanische Länder die Innovation aufgrund veralteter Infrastruktur und fehlender Ressourcen nicht nutzen. Das berichtet SciDevNet.

Der AnWj-negative Typ betrifft weniger als 0,1 % der Bevölkerung und ist besonders bei Mehrfachtransfusionen, Risikoschwangerschaften und komplexen Operationen relevant. In Afrika südlich der Sahara konzentrieren sich Blutbanken jedoch weiterhin auf die Basisgruppen ABO und Rhesus D. Die Suche nach seltenen Antikörpern wie AnWj bleibt Ausnahmefällen vorbehalten, da fortgeschrittene Testverfahren teuer sind und kaum flächendeckend verfügbare Geräte existieren. Laut Experten wie Salam Sawadogo vom burkinischen Nationalen Zentrum für Bluttransfusion fehlt es an modernen Immunhämatologie-Laboren, um die Sicherheitsstandards internationaler Leitlinien zu erfüllen.

Credits: Ian Furst/User:Doc James (CC BY-SA 4.0)
 Credits: Ian Furst/User:Doc James (CC BY-SA 4.0)

Tatsächlich löst die Entdeckung des MAL-Systems ein 50 Jahre altes Rätsel um das 1972 erstmals beschriebene AnWj-Antigen. Bei Trägern der Mutation fehlt dieses Antigen, was bei Transfusionen mit AnWj-positivem Blut zu lebensbedrohlichen Reaktionen führen kann. Obwohl genetische Studien in Afrika potenziell weitere, populationsspezifische Blutgruppen aufdecken könnten, bleiben Investitionen in entsprechende Forschung aus. Gatien Lokossou, Immunhämatologe aus Benin, betonte gegenüber SciDevNet, dass die genetische Vielfalt afrikanischer Bevölkerungen bislang kaum systematisch erfasst wurde – ein Versäumnis, das die Transfusionsrisiken vor Ort erhöht.

Aktuell sind afrikanische Blutbanken bereits mit grundlegenden Problemen konfrontiert: Laut WHO-Bericht liegt die Spendenrate in der Region fünfmal unter der in hochindustrialisierten Ländern, und veraltete Kühlsysteme gefährden die Versorgung. Die Einführung neuer Blutgruppenprotokolle würde nicht nur moderne Geräte, sondern auch Schulungen des Personals und angepasste Gesetze erfordern. Internationale Kooperationen, wie das südafrikanische „Rare Donor Programme“, zeigen zwar Erfolge bei der Konservierung seltener Bluttypen – doch solche Initiativen bleiben Einzelfälle.

Ohne politische Priorisierung und finanzielle Unterstützung droht Afrika weiterhin abgehängt zu werden, warnen Experten.

Original Publication:

Transfusion sanguine : L’Afrique inapte à profiter du nouveau groupe sanguin – Afrique Sub-Saharienne


Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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