MHH setzt Gentherapie gegen Bluterkrankheit ein
Es ist ein Novum: Als eine der ersten Einrichtungen in Deutschland darf die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) eine neue innovative Behandlung bei Hämophilie A und B durchführen.
Das Hämophilie-Zentrum der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ist eines der ersten in Deutschland, die diese Gentherapie bei Hämophilie A und B durchführen dürfen. Dabei wird es zukünftig nicht nur eigene Patientinnen und Patienten behandeln, sondern auch die Betroffenen anderer Hämophilie-Zentren in Niedersachsen. Geplant ist eine besondere Zusammenarbeit der Zentren – die Gentherapie in Form einer Infusion erhalten die Patientinnen und Patienten in der MHH, die Vor- und Nachsorge sowie die langfristige Betreuung erfolgt gemeinsam in engem Austausch.

Die Gentherapie stellt den Betroffenen nun eine Verbesserung in Aussicht. Das Therapeutikum wird einmalig intravenös gespritzt. Das Gen für Gerinnungsfaktor VIII beziehungsweise IX gelangt dann mittels einer Virus-Fähre in die Leberzellen. Es bleibt als Episom, das ist ein kleiner DNA-Ring, im Zellkern und produziert dort das fehlende Eiweiß. Der Erfolg bei den Patientinnen und Patienten ist unterschiedlich groß.
„In den Studien erreichten viele Patienten nahezu eine Normalisierung der Gerinnung und konnten die vorherige Therapie beenden. Man kann einem einzelnen Patienten aber noch nicht gut vorhersagen, welches Faktorlevel erreichet wird und wie lange der Erfolg im Einzelfall anhält“, erläutert Andreas Tiede, Professor für Hämostaseologie und Leiter des Hämophilie-Zentrums.
Er räumt ein, dass die Gentherapie sich nicht für alle Betroffenen eigne. „Einige haben Antikörper gegen das Virus, das als Fähre eingesetzt wird. Dann können wir die Therapie leider nicht anbieten.“ Bei Menschen mit Lebererkrankungen wird individuell in Zusammenarbeit mit der MHH-Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie geprüft, ob der Patient oder die Patientin geeignet ist. Trotz der Einschränkungen hält Tiede die Gentherapie für einen großen Schritt: „Wir können die Wirkung der Therapie anhand des Bluts zu jeder Zeit mit einfachen Labormethoden messen und so den Patienten beraten. Das sind sehr gute Voraussetzungen für die individuelle Betreuung und auch für die Weiterentwicklung der Gentherapie.“
Die Gentherapie bei Hämophilie fällt unter die Richtlinien der Advanced Therapy Medical Products (ATMP). Mit diesen Richtlinien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Qualitätsanforderungen bei der Vorbereitung, Durchführung und Nachsorge von Gentherapien. Nur Einrichtungen, die diese Anforderungen erfüllen, dürfen Leistungen im Rahmen einer ATMP-Therapie erbringen, damit eine sachgerechte, sichere und hochwertige Versorgung gewährleistet ist. Das Hämophilie-Zentrum der MHH und seine Partner-Zentren wurden vom G-BA für die Gentherapie bei Hämophilie zertifiziert.
Lesen Sie auch:
Thalassämie: Gentherapie ermöglicht Leben ohne Bluttransfusionen – MedLabPortal
Systemischer Lupus nach Krebsmedikament nicht mehr nachweisbar – MedLabPortal
Die Beiträge im News-Bereich werden erstellt vom X-Press Journalistenbüro
Gender-Hinweis. Die in diesem Text verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich immer gleichermaßen auf weibliche, männliche und diverse Personen. Auf eine Doppel/Dreifachnennung und gegenderte Bezeichnungen wird zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet.