Lachgas als Partydroge: Psychiatrie-Professor fordert, dass Erwerb gesetzlich geregelt wird
Es ist legal zu bekommen, verschafft einen kurzen Rausch und ist nicht nachweisbar: Das macht Lachgas für viele Jugendliche zu einer „attraktiven“ Droge. Doch harmlos ist Lachgas nicht: Fachleute warnen schon lange vor möglichen gesundheitlichen Folgen des Konsums. „Wer die Droge häufig und über einen längeren Zeitraum zu sich nimmt, riskiert Nervenschäden und eine psychische Abhängigkeit“, warnt Professor Dr. Alexander Glahn von der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). „Lachgas ist eine ernstzunehmende Droge. „Zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sollte die Verfügbarkeit daher gesetzlich besser geregelt werden“, fordert der Psychiater.

Lachgas ist ein farbloses Gas aus der Gruppe der Stickoxide. Die chemische Bezeichnung lautet Distickstoffmonoxid (N2O). In der Medizin wird es als Narkosemittel beim Zahnarzt oder in der Geburtshilfe eingesetzt. Im Alltag dient es als Treibgas in Spraydosen sowie in Kartuschen für Sprühsahne – und ist damit problemlos in vielen Supermärkten und Kiosken zu bekommen. Seit einigen Jahren ist Lachgas auch als Partydroge auf dem Vormarsch. Um sich zu berauschen, füllen Konsumierende das Gas aus den Kartuschen in Luftballons um und atmen es daraus ein.
Die Wirkung tritt sofort ein. „Die Nutzer berichten von angstlösenden und entspannenden Effekten, teilweise auch von einem geistigen Wegdriften“, erklärt Professor Glahn. Weil der von Lachgas verursachte Rausch normalerweise nur wenige Minuten anhält, konsumieren viele die Droge gleich mehrfach nacheinander. Direkte negative Effekte des Konsums können Schwindelgefühle, Kopfschmerzen und Ohnmacht sein. Außerdem kann es zu Koordinationsstörungen kommen, die das Risiko für Stürze und Unfälle erhöhen. Weil das Gas mit minus 55 Grad Celsius extrem kalt ist, riskieren Konsumierende darüber hinaus Verletzungen: Wenn Lachgas direkt mit Haut oder Schleimhaut in Berührung kommt, muss mit Erfrierungen an Mund, Lippen, Rachen oder Stimmbändern gerechnet werden.
Da Lachgas legal und einfach erhältlich, der Rausch kurz und der Konsum nicht nachzuweisen ist, glauben viele, die Droge sei harmlos. Zudem wird das Gas auch auf sozialen Medien als witzige und coole Partydroge gefeiert. „Das alles sorgt dafür, dass besonders Jugendliche zu Lachgas greifen“, sagt Professor Glahn. Meistens werde es in Kombination mit anderen Rauschmitteln wie Alkohol oder Cannabis konsumiert, was die Wirkung verstärken und unberechenbarer machen könne. Laut der Frankfurter Studie Monitoring-System Drogentrends (MoSyD) 2023 haben 14 Prozent der 15-18-jährigen Befragten Lachgas mindestens einmal ausprobiert.
Wer häufig und über einen längeren Zeitraum Lachgas konsumiert, läuft Gefahr, seine Nerven gravierend zu schädigen. Das Gas sorgt dafür, dass Vitamin B 12 im Körper nicht abgebaut werden kann. Eine mögliche Auswirkung davon ist Blutarmut. Eine andere Folge kann eine Schädigung der Schutzschicht der Nerven sein. „Dann werden die Nervenimpulse nicht mehr effizient weitergeleitet“, erläutert Professor Glahn. „Die Betroffenen leiden unter Missempfindungen wie Kribbeln in Händen und Füßen oder Taubheitsgefühlen und Muskelschwäche in den Beinen. Einige haben auch Gangstörungen.“ Außerdem können geistige und psychische Probleme auftauchen.
Die Symptome können zwar behandelt werden, der Erfolg ist aber unterschiedlich. „Bei den meisten lassen die Beschwerden nach. In einigen Fällen kann das aber mehrere Monate dauern“, sagt Professor Glahn. Grundsätzlich steige die Gefahr für gesundheitliche Schäden mit der Häufigkeit des Lachgas-Konsums. Das schließe aber nicht aus, dass es auch bei gelegentlichem Konsum zu Nervenschäden kommen könne. Das Risiko von Lachgas abhängig zu werden, ist psychisch größer als körperlich. In der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie behandelt Professor Glahn die Betroffenen mit einer Verhaltenstherapie.
Die Verfügbarkeit von Lachgas müsse gesetzlich besser geregelt werden, betont Professor Glahn. Neben dem Gesetzgeber sieht er auch die Schulen in der Pflicht. „Die Gesundheit allgemein und die Aufklärung über die Gefahren von Drogen gehören unbedingt auf den Lehrplan.“
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