KI-basierte Traktographie verbessert Bildgebung im Gehirn
Die KI-gestützte Traktographie zeigt Potenzial – aber auch Herausforderungen. Zu diesem Schluss gelangen Forschende des Lamarr-Instituts und der Universität Bonn hat gemeinsam mit der Translational Neuroimaging Group an den Kliniken für Neuroradiologie und Epileptologie des Universitätsklinikums Bonn (UKB).
In der aktuellen Studie testeten die Forschenden eine weit verbreitete KI-Methode namens TractSeg, die ursprünglich auf gesunden Gehirnen trainiert wurde. Das Team untersuchte, ob sie auch bei Epilepsiepatient*innen funktioniert, die sich einer Hemisphärotomie unterzogen haben – einer Operation, bei der die Verbindung zwischen den beiden Hirnhälften chirurgisch getrennt wird.
Die Ergebnisse zeigten, dass TractSeg in vielen Fällen gut generalisiert, aber auch unerwartete Fehler produziert: Es rekonstruierte fälschlicherweise Leitungsbahnen, die aufgrund der Operation gar nicht mehr existieren dürften – ein Phänomen, das als „Halluzination“ bezeichnet wird. Gleichzeitig blieben einige tatsächlich noch vorhandene Nervenbahnen unvollständig oder fehlten ganz in der Darstellung.

Neuer Hybrid-Ansatz für präzisere Rekonstruktionen
Um diese Probleme zu lösen, entwickelte das Team eine neue Hybrid-Methode, die die Vorteile von KI mit der Datentreue traditioneller Verfahren kombiniert. Dadurch stellt die Methode sicher, dass nur solche Nervenverbindungen rekonstruiert werden, die wirklich vorhanden sind. Das Ergebnis: keine Halluzinationen mehr, eine bessere Erfassung erhaltener Bahnen und insgesamt genauere Rekonstruktionen – auch bei gesunden Gehirnen.
Prof. Dr. Thomas Schultz, Principal Investigator in den Life Sciences am Lamarr-Institut, Professor am Institut für Informatik der Universität Bonn, betont die Bedeutung dieser Arbeit:
„Unsere Studie zeigt sowohl das Potenzial als auch die Grenzen KI-gestützter Traktographie im klinischen Einsatz. Die Kombination mit traditionellen Methoden bietet eine vielversprechende Lösung für präzisere Rekonstruktionen, insbesondere bei Daten von Patienten*innen mit pathologischen Veränderungen. Unser Ziel ist es, diese Ansätze weiterzuentwickeln, um sie langfristig für die Neurochirurgie nutzbar zu machen.“
Hintergrund: Das Gehirn besteht aus einem hochkomplexen Netzwerk aus Nervenzellen, die über feinste Leitungsbahnen – sogenannte Nervenfasern oder Trakte – miteinander verbunden sind. Diese Verbindungen sind entscheidend für Bewegung, Sprache, Denken und viele andere Funktionen. Um solche Strukturen sichtbar zu machen, nutzen Forschende die Traktographie, ein bildgebendes Verfahren, das aus speziellen MRT-Scans berechnet, wie die Nervenbahnen verlaufen. Diese Informationen sind besonders wichtig für die Planung von Gehirnoperationen, etwa bei Epilepsiepatienten, die sich einem chirurgischen Eingriff unterziehen müssen. Bisherige Traktographie-Methoden basieren auf mathematischen Modellen, die aus den MRT-Daten ableiten, wo sich Nervenbahnen befinden. Allerdings gibt es dabei oft Unsicherheiten – vor allem, wenn das Gehirn durch eine Krankheit oder eine Operation verändert wurde. Hier setzen moderne KI-Methoden an: Mit maschinellem Lernen kann das System Muster erkennen und auf dieser Basis genauere Rekonstruktionen erstellen.
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Redaktion: X-Press Journalistenbürö GbR
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