Diagnose per KI: Anomalie-Detektion soll Pathologie entlasten
Forschende von LMU, TU Berlin und Charité haben ein neues KI-Tool entwickelt, das anhand von Bildgebungsdaten auch wenig häufige Krankheiten im Magen-Darm-Trakt erkennen kann. Das neue Modell könnte zukünftig die Arbeitsbelastung von Pathologinnen und Pathologen deutlich reduzieren und bei der Diagnosestellung unterstützen.
Der neue Ansatz setzt auf Anomalie-Detektion: Aus der sehr genauen Charakterisierung von normalem Gewebe und Befunden häufiger Erkrankungen lernt das Modell, Abweichungen davon zu erkennen und anzuzeigen, ohne dass es für diese selteneren Fälle spezifisch trainiert werden muss. Für ihre Studie sammelten die Forschenden zwei große Datensätze mikroskopischer Bilder von Gewebeschnitten aus gastrointestinalen Biopsien mit den zugehörigen Diagnosen. Darin machen die zehn häufigsten Befunde – dazu gehören normale Befunde und sehr häufige Krankheiten wie chronische Gastritis – etwa 90 Prozent der Fälle aus, während die verbleibenden 10 Prozent insgesamt 56 Krankheitsbilder enthielten, darunter viele Krebsarten.
Für das Training und die Evaluation ihres Modells verwendeten die Forschenden insgesamt 17 Millionen histologische Bilder aus 5.423 Fällen. Mithilfe sogenannter Heatmaps kann farblich dargestellt werden, an welcher Stelle des Gewebeschnitts Anomalien vorliegen.
Indem es normale Befunde und häufige Krankheiten identifiziert und auf Anomalien hinweist, könnte das neue KI-Modell, das zukünftig weiter verbessert werden soll, Mediziner entscheidend unterstützen. Zwar müssen alle Befunde durch Pathologen bestätigt werden, aber: “Ärztinnen und Ärzte könnten sich sehr viel Zeit sparen, weil normale Befunde und ein gewisser Anteil der Erkrankungen durch die KI diagnostiziert werden können. Das trifft auf etwa ein Viertel bis ein Drittel der Fälle zu”, sagt Frederick Klauschen, Direktor des Pathologischen Instituts der Ludwig-Maximilians-Universität München. “Und bei den restlichen Fällen kann die KI die Priorisierung erleichtern und übersehene Diagnosen reduzieren. Das wäre ein Riesenfortschritt.”
Publikation:
J. Dippel & N. Prenißl et al.: AI-based Anomaly Detection for Clinical-Grade Histopathological Diagnostics. NEJM AI 2024
https://ai.nejm.org/doi/full/10.1056/AIoa2400468
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