Astronaut Omics: Was Elon Musk von Daniela Bezdan lernen kann
Damit Musks Mission gelingt, müssen Medizinerinnen und Mediziner die Gesundheit der Teilnehmenden gewährleisten können – auch im All. Die Tübinger Weltraumforscherin Daniela Bezdan untersucht daher – ganz unabhängig von Musk – im Rahmen eines internationalen Forschungsteams den Einfluss der Raumfahrt auf die Gesundheit von Astronautinnen und Astronauten.
Tatsächlich ist das, was Daniela Bezdan macht, spektakulär. Und wird bislang medial trotzdemm kaum erfasst. Denn ihre Forschungsarbeit ist komplex, und jenseits der Hardcore-Medizingemeinde bislang wenig bekannt. Das könnte sich bald ändern: Die Raumfahrt stellt für den menschlichen Körper eine erhebliche gesundheitliche Herausforderung dar.
Unter anderem nimmt die Muskel- und Knochendichte signifikant ab und das Immunsystem verändert sich. Die gesundheitlichen Risiken besser zu verstehen und möglicherweise Gegenmaßnahmen zu entwickeln, ist deshalb unerlässlich. Das Forschungsgebiet „Space Omics“ konzentriert sich daher darauf, wie der Weltraum die Genaktivität (DNA und RNA) und Zellfunktionen beeinflusst. Diese Fortschritte könnten auch auf der Erde von erheblichem Nutzen sein, etwa in der Krebs- und Alternsforschung.
Ein Paket von über 40 Publikationen gewährt detaillierte Einblicke in das „Space Omics“ Forschungsgebiet. Als Teil eines internationalen Forschungsteams war Daniela Bezdan an zwei Studien beteiligt. Sie arbeitet als Wissenschaftlerin im Tübinger Institut für Medizinische Genetik und Angewandte Genomik unter der Leitung von Olaf Rieß.
„Da die Menschheit in Zukunft immer tiefer in den Weltraum vordringen wird, ist unsere Forschung von entscheidender Bedeutung, um die Raumfahrt noch sicherer zu machen. Unsere Arbeit trägt dazu bei, eine personalisierte Gesundheitsversorgung für die Raumfahrt zu schaffen und bietet uns gleichzeitig auf der Erde neue Behandlungsoptionen“, erläutert Bezdan.
Forschende von verschiedenen internationalen Universitäten, unter der Leitung des Erstautors Matthew MacKay, konnten in der ersten Studie Gene identifizieren, die genetisch verändert werden könnten, um Menschen besser an die lebensfeindliche Umgebung des Weltalls anzupassen. Dies könnte ihnen letztendlich helfen, auf langen Weltraummissionen robuster zu sein.
In einer zweiten Studie hat sich Daniela Bezdan unter der Leitung von Lindsay Rutter von der Universität Glasgow und Stefania Giacomello von der Königlich Technischen Hochschule Stockholm mit dem Problem befasst, wie die Gesundheit von Astronautinnen und Astronauten besser untersucht und diagnostiziert werden kann. Orientiert haben sich die Forschenden an der „Human Cell Atlas Initiative“, bei der sich Forschende weltweit zusammengetan haben, um jede einzelne Zelle des menschlichen Körpers zu beschreiben. Ziel ist es, die Vorgänge im gesunden Körper zu verstehen, um auf dieser Basis Krankheiten besser diagnostizieren, behandeln und vorbeugen zu können. So wie die personalisierte Gesundheitsversorgung auf der Erde genetische Informationen und Lebensstilfaktoren nutzt, könnten ähnliche Methoden eine bessere Gesundheitsversorgung für Astronautinnen und Astronauten auf langen Missionen ermöglichen.
Mit den vorliegenden Daten des umfassenden Publikationspaketes erhoffen sich die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die gesundheitlichen Risiken für zukünftige Weltraummissionen zu minimieren. Christopher E. Mason, Professor für Genomics am Weill Cornell Weill Medical College der Cornell University und einer der führenden Wissenschaftler innerhalb des Publikationspaketes, ist sich sicher: „Die internationale Kollaboration ist ein Meilenstein in unserem Bestreben, die Gesundheit und Sicherheit von Astronauten zu gewährleisten. Mithilfe dieser umfangreichen Datensätze können wir personalisierte Empfehlungen entwickeln, die Raumfahrern helfen, auch unter den widrigsten Bedingungen erfolgreich und vor allen Dingen gesund ihre Mission zu erfüllen.“
Neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit in der Tübinger Genetik repräsentiert Daniela Bezdan das Universitätsklinikum und Deutschland als eine von drei Koordinatorinnen und Koordinatoren verschiedener Organisationen in der Weltraumforschung: NASA Genelabs Microbiome AWG, ESA-funded Space Omics Topical Team und bei ISSOP – International Standards of Space Omics Procedure zusammen mit Mitgliedern aus NASA (USA), JAXA (JAPAN) und ESA (EUROPA).
Und Elon Musk?
Sich darauf zu verlassen, dass Musk, die NASA oder die Amerikaner die Entwicklung verpassen, wäre mehr als unangebracht. So wurde bereits im Jahr 2021 das UCLA Space Medicine Fellowship Programm gegründet. Dabei handelt es sich um ein zweijähriges Stipendium, das die nächste Generation von Flugchirurgen ausbilden soll, “die das Verständnis der menschlichen Physiologie im Weltraum vorantreiben und die medizinischen Bemühungen der bemannten Raumfahrt und planetarer Expeditionen direkt unterstützen werden”.
Die Ziele jedenfalls sind hoch gesteckt:
“Das Stipendium umfasst Praktika bei SpaceX, ein spezielles technisches Curriculum bei Caltech/JPL, Forschungsmöglichkeiten bei der NASA, klinische Ausbildung in den Bereichen Chirurgie, interventionelle Radiologie, Augenheilkunde, Zahnmedizin, Hyperbarie/Hypobarie und Biomechanik bei der UCLA, medizinisches Training in arktischen Umgebungen und analoge Marsmissionen sowie weitere Möglichkeiten bei Partnerorganisationen in der Raumfahrtindustrie”.
Gleichwohl ist das, was auf der Liste steht, keinesfalls komplett. Und so kann Elon, wenn er will, von Daniela Bezdan doch noch einiges lernen. Die Lektüre dazu gibt es mitunter in Nature Communications: “Astronaut omics and the impact of space on the human body at scale”.
Autor: Vlad Georgescu, DGKL News
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