Neues Hybridverfahren gegen Vorhofflimmern in Gießen eingeführt
Am Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) wird ein neuartiges zweistufiges Hybridverfahren zur Behandlung von komplexem Vorhofflimmern eingesetzt, einer Herzrhythmusstörung, die in Deutschland etwa zwei Prozent der Bevölkerung betrifft.
Das Hybridverfahren startet mit einem minimalinvasiven herzchirurgischen Eingriff. Über drei kleine Schnitte führt der Chirurg dabei eine Videokamera sowie spezielle Instrumente in den Burstkorb ein. Rund um die Erregungszentren, die das Vorhofflimmern verursachen, wird dann durch die Abgabe von Hochfrequenzstrom eine Narbe erzeugt, die die Flimmerherde wie eine isolierende Ummantelung (“Box”) einschließt und so die Ausbreitung der unerwünschten Signale verhindert. Darüber hinaus können Areale verödet werden, die mit einer Katheterprozedur nur schwer zugänglich sind und häufig für die Wiederkehr von Vorhofflimmern verantwortlich sind. Diese sogenannte endoskopische Vorhofablation ist für den Patienten maximal schonend, komplikationsarm und dauert nur etwa eine Stunde. Mit diesem Verfahren gelingt es bereits in den meisten Fällen das Vorhofflimmern komplett zu beseitigen. Entscheidend ist darüber hinaus, dass das Vorhofohr als Quelle der meisten Schlaganfälle von außen am Herz mit einer Klammer verschlossen werden kann, ohne dass Fremdmaterial im Herzen zurückbleiben muss.

Im Verlauf von ein bis zwei Monaten danach zeigt sich bei einigen Patienten jedoch, dass der Körper mit seinen Selbstheilungskräften die absichtlich erzeugte Narbe teils so gut repariert, dass in der Box, die rund um die Flimmerherde gelegt wurde, kleine Lücken entstehen. Ein Risiko für erneut auftretendes Vorhofflimmern.
Um das zu verhindern wird der Patient nun in der zweiten Stufe von Elektrophysiologen der Kardiologie im Herzkatheterlabor behandelt. Über einen Schnitt in der Leiste wird ein dünner Katheter mit entsprechenden Instrumenten bis in den Vorhof des Herzens vorgeschoben. Der Kardiologe kann kleinste Lücken in der Box identifizieren und unter Einsatz von Radiofrequenzstrom veröden. Diese Feinabstimmung im zweiten Schritt des neuen Hybridverfahrens optimiert das Ergebnis deutlich und bietet Sicherheit für die behandelten Patienten.
Vorhofflimmern ist eine häufige Erkrankung, von der in Deutschland bis zu zwei Prozent der Bevölkerung betroffen sind. Dabei entstehen meist im linken Vorhof des Herzens, dort wo die Lungenvenen einmünden, neue Erregungsherde, deren Impulse den regelmäßigen Herzrhythmus durcheinanderbringen und beeinträchtigen. Das Vorhofflimmern kann vorübergehend aber auch lange andauernd sein. Zu den Ursachen zählen neben vielen unklaren Fällen hoher Blutdruck, bereits bestehende Herzerkrankungen, Stoffwechselerkrankungen wie eine Schilddrüsenüberfunktion oder auch ein höheres Lebensalter.
Unbehandelt birgt Vorhofflimmern schwere gesundheitliche Risiken. Bei einem unregelmäßigen Herzschlag wird weniger sauerstoffreiches Blut durch den Körper gepumpt. Das kann sich in der Folge durch Kreislaufschwäche, Unruhezustände und eine insgesamt verminderte körperliche Belastbarkeit bemerkbar machen. Häufig werden die unregelmäßigen und schnellen Herzschläge auch als sehr unangenehm wahrgenommen. Ein eingeschränkter Blutfluss erhöht zudem das Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln im Herzen. Wenn diese sich lösen und mit dem Blutstrom ins Gehirn gelangen, können sie dort Blutgefäße verstopfen und damit einen Schlaganfall verursachen.
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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