Mukoviszidose schädigt das Immunsystem bereits bei Neugeborenen

von | Feb. 6, 2025 | Forschung, Gesundheit

Trotz neuer Medikamente kommt es bei Mukoviszidose, auch als zystische Fibrose bekannt, häufig zu bleibenden Lungenschäden. Ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) hat jetzt herausgefunden, dass die Erkrankung vermutlich schon bei Neugeborenen Veränderungen im Immunsystem bewirkt. Diese sorgen für häufige Entzündungen und werden von den Medikamenten nicht beeinflusst.

Die überwiegende Mehrheit der Mukoviszidose-Patienten ist auf eine regelmäßige Inhalationstherapie angewiesen, da diese als Säule der symptomatischen Behandlung gilt. Sie dient dazu, den zähen Schleim in den Atemwegen zu lösen, Infektionen zu behandeln und die Lungenfunktion zu verbessern. (Credits: Victor Chijioke/pexels)
Die überwiegende Mehrheit der Mukoviszidose-Patienten ist auf eine regelmäßige Inhalationstherapie angewiesen, da diese als Säule der symptomatischen Behandlung gilt. Sie dient dazu, den zähen Schleim in den Atemwegen zu lösen, Infektionen zu behandeln und die Lungenfunktion zu verbessern. (Credits: Victor Chijioke/pexels)

Mukoviszidose wird durch erbliche genetische Mutationen ausgelöst. Durch diese wird das Protein CFTR in seiner Funktion beeinträchtigt oder gar nicht erst gebildet. Am stärksten betroffen sind die Atemwege. Dort wird der Schleim so zähflüssig, dass Krankheitserreger wie Bakterien nicht durch Husten abtransportiert werden können. Die Folge ist oft ein tödlicher Kreislauf von Infektionen und Entzündungen.

Seit einigen Jahren lässt sich durch sogenannte CFTR-Modulator-Therapien die Funktion des Proteins verbessern. Dadurch wird die Schleimbildung reduziert und die Lebensqualität der Betroffenen steigt erheblich. Klinische Studien zeigen allerdings, dass weiterhin häufig Entzündungen der Atemwege auftreten. Gerade bei älteren Patienten scheint die Abnahme der Lungenfunktion unaufhaltsam. Daher bemühen sich Forschende, die Vorgänge bei Mukoviszidose noch besser zu verstehen. Eine Studie dazu wurde von einem internationalen Team in “Science Translational Medicine” veröffentlicht. „Wir haben uns speziell damit beschäftigt, wie sich das Immunsystem bei Mukoviszidose verhält, bevor der Kreislauf aus Infektionen und Entzündungen beginnt“, sagt Prof. Nikolai Klymiuk von der TUM.

Die Forschenden haben festgestellt, dass in Blutproben von Kindern mit Mukoviszidose und biologischem Material von Schweinen mit dem gleichen Gendefekt bestimmte Zellen des angeborenen Immunsystems unreif sind. Dadurch sind sie weniger effektiv bei der Bekämpfung von Bakterien. Schweine mit Mukoviszidose zeigten zudem schon bei Geburt eine erhöhte Anzahl und eine deutlich veränderte Zusammensetzung von Immunzellen in der Lunge. Die große Ähnlichkeit des Immunsystems von Schweinen mit unserem legt nahe, dass dies bei Menschen genauso ist.

Eine mögliche Erklärung für die Veränderungen des Immunsystems wäre den Autoren zufolge eine Art „Notfallprogramm“. Dabei wird der Körper angeregt, besonders schnell oder über einen längeren Zeitraum eine große Anzahl von Immunzellen zu produzieren. Eine Folge ist die Bildung unreifer Immunzellen, was zu dem fatalen Kreislauf von Infektionen und Entzündungen bei Mukoviszidose beitragen könnte: Es sind zwar Immunzellen in der Lunge vorhanden, diese sind aber ineffektiv und richten Schaden im Lungengewebe an, ohne langfristig Infektionen zu verhindern.

Da in Immunzellen grundsätzlich nur sehr geringe Mengen von CFTR gebildet werden, nimmt das Forschungsteam an, dass der Einfluss von Mukoviszidose auf das Immunsystem indirekt ist. Das könnte erklären, wieso fehlerhafte Immunreaktionen durch die neuartigen CFTR-Modulator-Therapien nicht gut behandelt werden können.

„Wir wissen bislang nicht genau, warum die Immunzellen bei Mukoviszidose solche Veränderungen zeigen“, sagt Nikolai Klymiuk, Professor für Kardiovaskuläre Translation in Großtiermodellen. „Wir können aber zeigen, dass diese schon früh im Leben auftreten. Im weiteren Verlauf des Lebens bleiben sie dann erhalten.” Klymiuk zufolge kannte man veränderte Immunzellen zwar aus Blutproben von Erwachsenen mit Mukoviszidose, hatte sie aber als eine Folge der zahlreichen Infektionen gesehen.

„Um Menschen, die an Mukoviszidose erkrankt sind, ein Leben ohne Beschwerden zu ermöglichen, müssen wir vermutlich auf mehreren Ebenen gegen die Krankheit vorgehen“, meint Nikolai Klymiuk. „Wir hoffen, dass wir mit unserer Arbeit einen Beitrag dazu leisten können, die Ursachen des fehlerhaften Immunsystems besser zu verstehen und in Zukunft korrigieren zu können.“

Originalpublikation

Florian Jaudas et al. Perinatal dysfunction of innate immunity in cystic fibrosis.Sci. Transl. Med.17,eadk9145(2025).DOI:10.1126/scitranslmed.adk9145

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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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