Leitfaden für additiv gefertigte Individualprodukte in der Medizintechnik

von | Dez. 11, 2024 | Allgemein, Forschung

Experten des Fraunhofer IPA vereinfachen für Medizintechnikunternehmen mit einem Leitfaden den Einstieg in die Produktion von additiv gefertigten Einzelprodukten. Aufgrund der strengen Regulierung in der Medizintechnik ist die Einführung neuer Produktionsverfahren komplex und erfordert umfangreiches Fachwissen, zudem ist die Validierung aufwendig. Dennoch gibt es eine starke Nachfrage nach maßgeschneiderten Produkten wie Prothesen oder Implantaten, die mit komplexen Geometrien durch additive Fertigung realisiert werden können.

Abutments zur Verbindung von Zahnimplantat und Zahnprothese | Quelle: Foto: Hajo Groneberg | Copyright: Quelle: Fraunhofer IPA
Abutments zur Verbindung von Zahnimplantat und Zahnprothese | Quelle: Foto: Hajo Groneberg | Copyright: Quelle: Fraunhofer IPA 

Hintergrund: Additive Fertigungsverfahren sind oft besser für die Produktion patientenspezifischer Produkte geeignet als konventionelle Methoden, da sie verschiedene Geometrien ohne zusätzlichen Aufwand durch ihren schichtweisen Materialaufbau ermöglichen. Abutments, die als Verbindungselemente zwischen einem Zahnimplantat und dem sichtbaren Zahnersatz dienen, erfordern beispielsweise unterschiedliche Winkel für die ästhetische und funktionale Ausrichtung der Zahnprothese. Verfahren wie das „Laser Powder Bed Fusion with Metals“ (PBF-LBM) können in einem einzigen Druckprozess mehrere individuelle Abutments kostengünstig produzieren.

Was technisch machbar ist, muss nicht zwangsläufig sicher sein. Bei der Fokussierung auf die Patientensicherheit ist es entscheidend, das Risiko für den Patienten so gering wie möglich zu halten. Der Prozess der additiven Fertigung ist mit seinen zahlreichen Parametern und Variablen auch für Standardprodukte komplex, was ein angemessenes technisches Risikomanagement erfordert, um sowohl Kundenanforderungen als auch regulatorische Vorgaben zu erfüllen (siehe ISO14971: Medizinprodukte – Anwendung des Risikomanagements auf Medizinprodukte). Der Nachweis der Sicherheit von Individualprodukten ist aufgrund der potenziell unterschiedlichen Produkteigenschaften, die durch individuelle Geometrien entstehen, besonders anspruchsvoll.

Fachleute des Fraunhofer IPA und des Leistungszentrums Mass Personalization haben daher für Unternehmen eine methodische Vorgehensweise entwickelt, auch in hochregulierten Branchen additive Fertigungsverfahren sicher und kosteneffizient zu implementieren und Individualprodukte zu validieren. Ein Leitfaden dazu lässt sich in einem Open-Access-Artikel nachlesen. »Die Potenziale der additiven Fertigung für Individualprodukte sind riesig. Mit einer systematischen Vorgehensweise lassen sich die geeigneten Produkte und Technologien identifizieren und deren Risiken managen«, ordnet einer der Verfasser, Hajo Groneberg, die Thematik ein.


Leitfaden

Holistic Framework for the Implementation and Validation of PBF-LB/M with Risk Management for Individual Products through Predictive Process Stability

by Hajo Groneberg, Sven Oberdiek, Carolin Schulz, Andreas Hofmann, Alexander Schloske and Frank Doepper

https://www.mdpi.com/2504-4494/8/4/158

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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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