„Elektrische Pille“ für den Parasympathikus: Bedingt einsatzbereit

von | Jan. 27, 2025 | Forschung, Gesundheit, Nicht kategorisiert

Die Nervenstimulation kann bei verschiedenen Erkrankungen helfen. Das funktioniert aber nur dann gut, wenn man körpereigene Rhythmen dabei berücksichtigt, ist das Ergebnis einer aktuellen eine Studie der TU Wien.

Der Vagusnerv spielt in unserem Körper eine wichtige Rolle: Er ist der längste Nerv des Parasympathikus – das ist jener Teil des Nervensystems, der maßgeblich an der präzisen Steuerung der inneren Organe und des Blutkreislaufs beteiligt ist und für die Erholung und den Aufbau körpereigener Reserven zuständig ist. Ein Strang des Vagusnervs führt auch vom Gehirn direkt ins Ohr, daher kann man mit kleinen Elektroden im Ohr den Vagusnerv aktivieren, das Gehirn stimulieren und damit einen Einfluss auf unterschiedliche Funktionen des Körpers nehmen.

Ein kleines Gerät, das am Körper getragen wird, kann über Elektroden am Ohr das Nervensystem stimulieren. | Quelle: TU Wien | Copyright: TU Wien
Ein kleines Gerät, das am Körper getragen wird, kann über Elektroden am Ohr das Nervensystem stimulieren. | Quelle: TU Wien | Copyright: TU Wien

„Es zeigt sich allerdings, dass diese Stimulation nicht immer die erhofften Ergebnisse bringt“, sagt Prof. Eugenijus Kaniusas vom Institut für Biomedizinische Elektronik der TU Wien. „Nicht zu jedem Zeitpunkt hat eine elektrische Stimulation einen Effekt auf das Nervensystem. Man könnte sagen: Das Gehirn hört nicht immer zu. Es ist, als gäbe es ein Tor in die Schaltzentrale des Nervensystems, das manchmal offen und dann wieder geschlossen ist, und das kann sich innerhalb von weniger als einer Sekunde ändern.“

In einer Pilotstudie wurden nun fünf Personen untersucht. Ihr Vagusnerv wurde elektrisch aktiviert, um die Herzfrequenz zu senken. Aus vergangenen Studien weiß man bereits, dass die Herzfrequenz ein möglicher Indikator dafür ist, ob die Stimulationstherapie nützt oder nicht.

Dabei zeigte sich, dass es der Zusammenhang der Stimulation mit dem Herzschlag eine entscheidende Rolle spielt. Stimuliert man den Vagusnerv in einem Rhythmus, der nicht auf den Herzschlag abgestimmt ist, lässt sich kaum eine Wirkung feststellen. Setzt man allerdings die Stimulations-Signale immer dann, wenn das Herz gerade kontrahiert (während der Systole), ist eine starke Wirkung feststellbar – viel stärker als bei Stimulation in der Entspannungsphase des Herzens, der Diastole.

Auch die Atmung ist in diesem Zusammenhang wichtig: Während der Einatmungsphase war die Stimulation deutlich wirkungsvoller als während der Ausatmungsphase.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Synchronisierung der Vagusnerv-Stimulation mit dem Herz- und Atemrhythmus die Effektivität deutlich steigert. Das könnte helfen, die Behandlungserfolge bei chronischen Erkrankungen zu verbessern – ganz besonders bei jenen, die zuvor aus bis jetzt unerklärbaren Gründen auf die Therapie nicht angesprochen haben“, sagt Eugenijus Kaniusas.

Original Paper:

Frontiers | Personalized auricular vagus nerve stimulation: beat-to-beat deceleration dominates in systole-gated stimulation during inspiration – a pilot study

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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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