Durchbruch: Risikogen für bipolare Störung entschlüsselt
MPI-WissenschaftlerInnen um Forschungsgruppenleiter Jan Deussing wollten wissen, welche Funktion das Risikogen Adenylylcyclase 2 in diesem Zusammenhang hat. Sie nutzten Zellkulturen und Mausmodelle, um die dahinterliegenden molekularen Prozesse zu verstehen.
In Zellkulturexperimenten konnten sie zunächst zeigen, dass die Risikovariante der Adenylylcyclase 2 zu einer verminderten Fähigkeit der Produktion des für die Informationsübertragung innerhalb der Zelle wichtigen Signalmoleküls cAMP führt. Darauf aufbauend riefen sie bei Mäusen künstlich die entsprechende Adenylylcyclase 2-Mutation hervor. Tatsächlich zeigten die Nager daraufhin Manie-ähnliches Verhalten in Form von erhöhter Aktivität, einem stärkeren Explorationsverhalten und einer aktiveren Annäherung an eine neue Umgebung. Gleichzeitig waren ihre kognitiven Fähigkeiten eingeschränkt; eine Begleiterscheinung der bipolaren Störung, wie man sie auch bei PatientInnen beobachtet.
Weitere Hinweise auf den Zusammenhang mit der psychiatrischen Erkrankung ließen sich in einer Hyperresponsibilität finden, die die Nagetiere auf Amphetamin zeigten. Wie bei Menschen, führte die Gabe bei den Tieren zu verstärkter Hyperaktivität. Außerdem war die Dopaminausschüttung im Gehirn der Mäuse erhöht – ein weiterer Effekt, den ExpertInnen ähnlich auch bei Menschen beobachten, die an einer bipolaren Störung leiden. Eine Theorie zur Erklärung von Manien beim Menschen basiert auf der erhöhten Dopaminausschüttung. Zudem gehen ExpertInnen davon aus, dass die Balance zwischen aktivierenden und hemmenden neuronalen Netzwerken gestört ist. Im Mausmodell beobachteten die MPI-WissenschaftlerInnen ebenfalls eine Verstärkung der aktivierenden Netzwerke. Zu den wirksamsten Medikamenten zur Behandlung bipolarer Störungen gehört Lithium, das im Mausmodell ebenfalls seine Wirksamkeit bei der Abschwächung der Manie-ähnlichen Symptome zeigte.
Der MPI-Wissenschaftler wählte mit seinem Team das Risikogen Adenylylcyclase 2 für ihre Analysen aus, da die krankheitsassoziierte Genvariante direkt zu einer veränderten Aktivität des Proteins führt. Die meisten anderen für bipolare Erkrankungen identifizierten Genvarianten haben keine unmittelbare Auswirkung auf die Aktivität eines Proteins, da sie nicht in unmittelbar proteinkodierenden Regionen des Genoms liegen. Das macht sie weniger geeignet für die Analyse molekularer Prozesse im Mausmodell, da die Unterschiede zwischen Mensch und Tier hier sehr viel größer sind. Die Eigenschaften der Proteine selbst aber sind bei Mensch und Maus nahezu identisch.
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