Deutsche Herzstiftung gibt Leitfaden zur Wiederbelebung von Kindern und Babys heraus

von | Dez. 17, 2024 | Allgemein, Gesundheit

Die Deutsche Herzstiftung hat einen Leitfaden zur Wiederbelebung von Kindern und Babys herausgegeben. Kinderherzspezialistin Dr. med. Claudia Junge, Autorin des Leitfadens und Ausbilderin für europaweit zertifizierte Reanimationskurse des europäischen Rats für Wiederbelebung (ERC), erläutert, worauf es bei Kindern mit angeborenem Herzfehler besonders ankommt. Sie ruft zu mehr Mut bei der Wiederbelebung von Kindern und Babys auf.

Knapp vier Millionen Kinder werden in Deutschland in Kindertagesstätten betreut. Auch hier ist das Wissen um Reanimationstechniken immens wichtig. (Credits: Yan Krukau/pexels)

Wiederbelebung rettet Leben, deshalb sollte sie jeder kennen. Besonders Eltern, Angehörige und Freunde von Kindern mit angeborenem Herzfehler kennen die Sorge vor einem Herznotfall. Um mutig und ohne Angst Erste Hilfe bei einem Kind leisten zu können, ist es wichtig zu wissen, wie man im Ernstfall richtig handelt, bis mit dem Rettungsdienst professionelle Hilfe kommt.

Notfälle sind im Kindesalter glücklicherweise selten: Nur fünf Prozent aller Notfallversorgungen sind Einsätze bei Kindern unter 14 Jahren. Während bei Erwachsenen 135 bedrohliche Notfälle pro 100.000 Einwohner und Jahr auftreten, sind es laut Deutschem Reanimationsregister bei Kindern etwa drei bis acht Fälle pro 100.000 Kinder und Jahr. Bei Kindern mit Herzfehlern treten Notfälle allerdings zehnmal häufiger auf als bei gesunden Kindern. Lebensbedrohliche Notfälle können ein Herz-Kreislauf-Stillstand oder Atemwegsprobleme sein. „Besonders, wer selbst Kinder hat oder im Alltag beruflich oder im Verein mit ihnen täglich zu tun hat, sollte die Basismaßnahmen der Wiederbelebung bei Kindern und Säuglingen kennen“, betont Herzspezialist Prof. Dr. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. „Wer mit dem Notfall eines Kindes konfrontiert wird, sollte keine Angst vor der Ersten Hilfe und Wiederbelebung beim Kind haben. Man muss nur unbedingt handeln. Man kann als Laie nichts falsch machen – außer nicht zu helfen.“

Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand ist die schnelle Wiederbelebung entscheidend. Bereits nach drei bis fünf Minuten ohne Sauerstoff kann das Gehirn des Kindes dauerhaften Schaden nehmen. „Sofort muss deshalb beim Kind mit einem Herz-Kreislauf-Stillstand die Herzdruckmassage begonnen werden. Nur die kindgerechte Reanimation kann die Sauerstoffversorgung der Organe aufrechterhalten“, betont die Kinderkardiologin Dr. Claudia Junge, Oberärztin der Klinik für Pädiatrische Kardiologie und Pädiatrische Intensivmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Die Expertin und Ausbilderin für europaweit zertifizierte Reanimationskurse des Europäischen Rats für Wiederbelebung (ERC), auch für Familien mit herzkranken Kindern, ist Autorin der aktuellen Informationsangebote der Herzstiftung zur Reanimation bei Kindern.

Die Deutsche Herzstiftung bietet online eine Schritt-für-Schritt-Anleitung insbesondere für Eltern und Familien zur Vorbereitung auf einen Herznotfall eines Kindes an. In Printform bietet die Redaktion herzblatt der Deutschen Herzstiftung den kostenfreien Sonderdruck „Leben retten: Laienreanimation bei Kindern“ (16 Seiten) unter bestellung@herzstiftung.de oder per Tel. unter 069 955128-400 an.

Was tun, wenn ein Kind nicht mehr richtig atmet? Wie führt man eine Wiederbelebung beim Kind oder beim Baby durch? Viele Menschen verunsichert Erste Hilfe – besonders bei Kindern. Die Angst vor Fehlern ist groß. Grundsätzlich gilt: Bei einem herzkranken Kind wird die gleiche Herz-Lungen-Wiederbelebung angewendet wie bei gesunden Kindern. Das Ziel ist immer die Aufrechterhaltung des Kreislaufs. Im Notfall gilt es, die folgende Reihenfolge der Basismaßnahmen einzuhalten: Prüfen, Rufen, Drücken. „Wichtig ist, dass Eltern oder Angehörige einen Notfall des Kindes erkennen und versuchen, Ruhe zu bewahren“, erklärt Medizinerin Dr. Junge.

Die Schritt-für-Schritt-Anleitung erläutert in einer leicht verständlichen Sprache die einzelnen Reanimationsschritte und geht auf mögliche unterschiedliche Szenarien ein, beispielweise: Was ist zu tun, wenn man alleine mit dem Kind ist und keine zweite Person anwesend ist, die bei der Wiederbelebung unterstützen und bestimmte Tätigkeiten wie das Alarmieren des Rettungsdienstes (112) übernehmen kann? Auch geht die Anleitung auf die Atemspende näher ein. Denn die Atemspende in der Wiederbelebung bei Kindern unterscheidet sich zu der bei den Erwachsenen. „Bei Kindern liegt häufig ein Atemwegsproblem vor, das im Notfall auch zu einem Kreislaufstillstand führen kann. Deshalb werden bei der Reanimation nach Überprüfen der Lebenszeichen zuerst fünf Atemspenden gegeben, bevor bei dem leblosen Kind mit der Herzdruckmassage begonnen wird“, erläutert Dr. Junge. Gibt es keine Möglichkeit der Atemspenden, führt die Ersthelferin oder der Ersthelfer dauerhaft die Herzdruckmassage beim Kind durch. Die Wiederbelebung ist erst dann zu beenden, wenn mit dem Rettungsdienst und dem Notarzt professionelle Hilfe eintrifft oder das Kind Lebenszeichen zeigt.

Im Gegensatz zu Erwachsenen, bei denen der Herz-Kreislauf-Stillstand oft aufgrund einer Herzerkrankung auftritt, treten bei Kindern häufiger Atemwegsprobleme auf, die dann im Notfall auch zu einem Kreislaufstillstand führen können. Aufgrund dessen werden bei der Kinderreanimation nach Überprüfen der Lebenszeichen Atemspenden gegeben. Ebenso empfiehlt die Leitlinie bei Kindern im Anschluss an die Atemspende die Herzdruckmassage 30-mal durchzuführen und dann zwei Atemspenden zu geben (30:2). Für Erwachsene empfiehlt die Deutsche Herzstiftung, nur die Herzdruckmassage durchzuführen, bis das Rettungsteam die Reanimation und medizinische Versorgung des Patienten übernimmt.
Auch gehen die Informationen der Herzstiftung auf Besonderheiten in der Herzdruckmassage und der Atemspende bei Kindern ein. Für die Herzdruckmassage bei Säuglingen gibt es etwa die Zwei-Finger- und die Zwei-Daumen-Technik, die von Dr. Junge jeweils genauer erläutert werden. Bei bekannten Herzrhythmusstörungen oder einem plötzlichen Zusammenbruch kann es notwendig sein, einen automatisierten externen Defibrillator (AED) zur Wiederbelebung bei Säuglingen und Kleinkindern einzusetzen. Wenn möglich, kann für Kinder unter acht Jahren beim AED die Dosisanpassung gewählt werden.

Originalpublikation

Claudia Junge, „Leben retten: Laienreanimation bei Kindern“, in: Deutsche Herzstiftung (Hg.): herzblatt – Leben mit angeborenem Herzfehler (Sonderdruck), Frankfurt am Main 2025

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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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