Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) bezeichnet Klinik-Atlas des BMG als nutzlos und irreführend

von | Mai 27, 2024 | Allgemein, Politik

Bei einem genauen Blick auf die Bedürfnisse von Diabetespatientinnen und -patienten schneide der Klinik-Atlas derzeit noch sehr dürftig ab. So würden bundesweit etwa 700 Kliniken angezeigt, die einen Diabetes mellitus überhaupt behandeln – und dann häufig nur mit Patientenzahlen im einstelligen Bereich.

„Das sind völlig unrealistische Zahlen“, kritisiert DDG Präsident Andreas Fritsche, und: „In Deutschland werden jährlich etwa 3 Millionen Menschen mit einem Diabetes in Krankenhäusern behandelt. Das Bundesportal suggeriert, dass Diabetes in deutschen Kliniken quasi gar nicht stattfindet. Das ist nicht nur verkannte Realität, sondern trägt zu einer massiven Desinformation bei, die den Diabetes aus der Versorgungslandschaft und damit die Diabetologie allgemein aus dem Gesundheitswesen verdrängt.“

Das sei ein fatales Signal in Anbetracht von in Deutschland massiv steigender Diabetesfallzahlen auf der einen und stetig sinkender Diabetesexpertise auf der anderen Seite.

Bei der Suche nach einer fachübergreifenden Behandlung der sogenannten „Zuckerkrankheit“ erhält man lat DDG “gar 0 Treffer”. Konkret:

Ein 60-jähriger Patient mit einem Diabetes Typ 2, stark schwankenden Blutzuckerwerten und diabetischen Folgeerkrankungen wie Niereninsuffizienz, Bluthochdruck, einer koronaren Herzerkrankung und Schädigungen an Nerven und Augen, finde im Klinik-Atlas kein Krankenhaus, das ihn interdisziplinär versorgen kann.

„Tatsächlich handelt es sich hierbei um ein sehr häufig auftretendes Patientenbeispiel. Allerdings ist die Versorgungslage in Deutschland noch nicht so gravierend schlecht, dass wir diesem Patienten nicht eine Klinik mit entsprechenden Kompetenzen vermitteln könnten“, führt Fritsche aus.

Zudem finden sich laut DDG im Portal nur 4 Kliniken, die eine besondere Diabetesexpertise vorhalten. Auch hier bemängelt die DDG die Vollständigkeit wichtiger Angaben: „In Deutschland gibt es allein rund 350 stationäre Einrichtungen mit einer DDG Zertifizierung für Diabetes Typ 1 und Typ 2 und für die Behandlung des diabetischen Fußsyndroms“, erklärt Dirk Müller-Wieland, Vorsitzender des DDG Ausschusses „Qualitätssicherung, Schulung und Weiterbildung“.

Die DDG fordert daher, behandlungsrelevante Zertifizierungen, wie sie auch die DDG anbietet, sofort in den Klinik-Atlas aufzunehmen. Laut BMG sei dies jedoch nicht vor 2025 geplant, obwohl die DDG seitens Vertreter der Ampel-Koalition bereits Zusicherung erhalten hat, die DDG Zertifikate in das Register einzuflechten. Das stehe im Gesetz und bedeute auch mehr Sicherheit für die Betroffenen.

„Zertifikate sind der Grundstein für Patientensicherheit und Transparenz. Es ist unverständlich, warum diese wichtige Information nur kleckerweise ins Portal fließt. Bis es soweit ist, können Menschen mit Diabetes mellitus – insbesondere diejenigen mit Folge- und Begleiterkrankungen – im Klinik-Atlas keine für sie passenden Behandlungseinrichtung finden. Das konterkariert die Ansprüche, die Professor Lauterbach an sein neues Register stellt“, so Müller-Wieland.

Die DDG zieht die Bilanz, dass das Bundesportal in der bestehenden Struktur für Menschen mit Diabetes nutzlos und sogar irreführend ist. „Wir bestehen darauf, dass das BMG rasche Nachbesserungen macht, die die Versorgungslandschaft realistisch abbildet und den Betroffenen die tatsächlichen Expertisen der Kliniken aufzeigt“, so Fritsche „Denn prinzipiell ist es ein gutes und wichtiges Anliegen, Patientinnen und Patienten die Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser transparenter und vergleichbarer zu machen.“

Die unfertige Struktur des Portals berge jedoch die Gefahr, Nutzer eher abzuschrecken und damit dessen Glaubwürdigkeit nachhaltig zu schädigen.


Weiterführende Informationen:
 

Startseite: Deutsche Diabetes Gesellschaft e.V. (ddg.info)

 

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