Chemotherapie bei AML ohne Doppelinduktion wirksam

von | Sep 17, 2024 | Allgemein, Forschung, Gesundheit

Die deutsch-tschechische „DaunoDouble-Studie“, initiiert durch die Medizinische Fakultät der TU Dresden und das Universitätsklinikum Dresden, untersuchte über acht Jahre lang die beiden wichtigsten klinischen Fragen in der intensiven kurativen Standardtherapie der Akuten Myeloischen Leukämie: Erstens, wie hoch muss das Medikament Daunorubicin dosiert werden und zweitens, müssen neu diagnostizierte Patient:innen mit ein oder zwei Zyklen Chemotherapie behandelt werden?

Im Rahmen der klinischen Studie erhielten 864 deutsche und tschechische Patienten im Alter von 18 bis 65 Jahren mit neu diagnostizierter AML eine Behandlung mit zwei unterschiedlichen Dosen des Medikaments Daunorubicin – 60 mg/m² oder 90 mg/m². Ziel war es, die optimale Dosierung mit den besten Effekten für die Heilung zu ermitteln. Daunorubicin ist ein natürliches Glycosid und Antibiotikum aus der Gruppe der Anthracycline. Es wird als Zytostatikum im Rahmen der Kombinationschemotherapie von akuten Leukämien verwendet.

Unreife Leukämiezellen, die die gesunde Blutbildung zurückdrängen. Dies kann lebensbedrohliche Folgen für Patient:innen mit akuter myeloischer Leukämie (AML) haben. Ziel einer zeitnahen Behandlung mit intensiver Chemotherapie ist es, diese bösartigen Zellen zu zerstören, damit sich die gesunde Blutbildung wieder etablieren kann. © Med. Klinik I, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, TU Dresden
Unreife Leukämiezellen, die die gesunde Blutbildung zurückdrängen. Dies kann lebensbedrohliche Folgen für Patient:innen mit akuter myeloischer Leukämie (AML) haben. Ziel einer zeitnahen Behandlung mit intensiver Chemotherapie ist es, diese bösartigen Zellen zu zerstören, damit sich die gesunde Blutbildung wieder etablieren kann. © Med. Klinik I, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, TU Dresden

Die Wissenschaftler:innen aus Dresden konnten zeigen, dass drei Dosen von 90 mg/m² Daunorubicin zu ähnlichen Ansprech- und Heilungsraten führen wie die dreimalige Gabe von 60 mg/m² ohne signifikante Unterschiede in der Verträglichkeit. Im Rahmen derselben Studie schlossen die Wissenschaftler:innen gleich eine zweite brisante Frage an: Bislang galt in weiten Teilen der Welt die Doppelinduktion als therapeutischer Standard – das bedeutet eine unmittelbare Wiederholung des ersten Chemotherapiezyklus, unabhängig vom Ansprechen der Erkrankung auf die erste Therapierunde. Eine seit Jahrzehnten heiß diskutierte Frage war deshalb, ob ein zweiter Zyklus bei gutem Behandlungserfolg überhaupt notwendig ist, um langfristig eine Heilung zu erreichen, oder ob den Patient:innen die Nebenwirkungen einer sogenannten Doppelinduktion erspart werden können. Daher wurde Patient:innen im zweiten Teil der Studie mit einem guten Ansprechen per Zufall entweder eine erneute zweite Induktion oder keine Chemotherapie verabreicht. Die Ergebnisse zeigten, dass sich der Anteil an krankheitsfreien Patient:innen zwischen beiden Behandlungsarmen nicht unterschied und auch das Überleben, also die Langzeitprognose, nach einfacher Induktionstherapie nicht signifikant schlechter war als nach der Doppelinduktion. Wie zu erwarten, war für die Doppelinduktion jedoch ein erneuter etwa vier- bis sechswöchiger Krankenhausaufenthalt notwendig. Zudem verursachen zwei Therapiezyklen deutlich mehr Nebenwirkungen als einer. Damit konnte die Studie zur Frage der Doppelinduktion bei gutem initialen Ansprechen endlich Klarheit schaffen und künftigen Patient:innen eine verkürzte Therapie ermöglichen. 

„Für lange Zeit ging man davon aus, dass eine höhere Chemotherapiedosierung Vorteile haben könnte“, erläutert Professor Christoph Röllig, einer der Initiatoren der Studie und Bereichsleiter Hämatologie und Klinische Studien der Medizinischen Klinik 1 am Universitätsklinikum Dresden. „Dies konnten wir in dieser multizentrischen Studie entkräften und dafür für zukünftige Patientinnen und Patienten die optimale Wirksamkeit bei weniger Nebenwirkung erreichen.“

„Bei Patientinnen und Patienten mit AML ist es besonders wichtig, die Krankheit mit Chemotherapie möglichst stark zurückzudrängen, um eine Heilung zu ermöglichen“, ergänzt Professor Martin Bornhäuser, ebenfalls Initiator der Studie und Klinikdirektor der Medizinischen Klinik 1 am Universitätsklinikum Dresden. „Hier bedeutet diese Studie deutlich mehr Sicherheit in der optimalen Beratung und Behandlung von Betroffenen.“

Die „DaunoDouble-Studie“ basierte auf einer transregionalen und transnationalen Kooperation, die im Rahmen der deutschen kooperativen AML-Studiengruppe Studienallianz Leukämie (SAL) und der Czech Leukemia Group for Life (CELL) durchgeführt wurde. Sie wurde von der SAL-Studienzentrale an der Medizinischen Klinik 1 des Universitätsklinikums Dresden unter Leitung von Professor Martin Bornhäuser und Professor Christoph Röllig koordiniert und realisiert. Gesponsert wurde die Studie durch die TU Dresden. 

Original Paper:

Single or Double Induction With 7 + 3 Containing Standard or High-Dose Daunorubicin for Newly Diagnosed AML: The Randomized DaunoDouble Trial by the Study Alliance Leukemia | Journal of Clinical Oncology (ascopubs.org)

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