Big Data: Modell für Emotionen und Gefühle geht an den Start
Um das wissenschaftliche Verständnis darüber zu verbessern, wie unsere Gefühle, Emotionen und Stimmungen mit menschlichem Verhalten zusammenhängen und es beeinflussen – in der Fachwelt als „affektive Neurowissenschaft“ bekannt – hat eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe von 173 Wissenschaftlern aus 23 Ländern ein systematisches Konzept entwickelt, das die enorme Vielfalt affektiver Phänomene umfasst.
Um diese Herausforderung zu lösen, wurde 2016 das Human Affectome Project von Neuroqualia – einer in Kanada ansässigen gemeinnützigen Organisation – ins Leben gerufen. Mittels eines computerlinguistischen Ansatzes wurden zuerst Daten aus mehr als 4,5 Millionen Büchern durchsucht, um mehr als 3600 Wörter in der englischen Sprache zu identifizieren, die Empfindungen, Emotionen und Stimmungen beschreiben. Anschließend überprüften zwölf Forscherteams aus neurowissenschaftlicher Sicht einen Großteil dessen, was derzeit über Gefühle, Emotionen und Stimmungen bekannt ist.
Sie checkten gleichzeitig die sprachlichen Begriffe, die üblicherweise zur Beschreibung dieser Erfahrungen verwendet werden und entwickelten ein Modell, das diese Erfahrungen in einen einzigen einheitlichen Rahmen einbettet. Das abschließende Paper erschien nun in Neuroscience & Biobehavioral Reviews (Schiller et al. 2024).
„Bei diesem ambitionierten internationalen Projekt handelt es sich um den ersten Versuch, ein umfassendes Konzept der affektiven Neurowissenschaften zu entwickeln.“, sagt der Leiter der Forschungsgruppe „Kognitive Neuropsychiatrie“ am MPI CBS, Matthias Schroeter. Doch das Projekt trage nicht nur zur Grundlagenforschung bei.
„Neben der genauen Charakterisierung von Gefühlen, Emotionen und Stimmungen und deren Hirnregionen, haben die Ergebnisse weitreichende Konsequenzen. Sie tragen zum Verständnis dessen bei, was uns als Menschen ausmacht.“ so Schroeter.
„Diese Ergebnisse legen auch die Grundlage dafür, dass wir Krankheiten wie Schizophrenie, Angststörungen, Depression oder Demenz besser verstehen und behandeln können.“ Hierbei wendet Matthias Schroeter als Neuropsychiater diese Konzepte bereits bei seiner Arbeit in der Klinik für Kognitive Neurologie des Universitätsklinikums Leipzig an.0
„Viele Krankheiten des Gehirns sind durch Veränderungen in diesem Bereich gekennzeichnet – mit entscheidenden Konsequenzen für Diagnostik und Therapie.“
Original Paper:
The neuroscience of social feelings: mechanisms of adaptive social functioning – ScienceDirect
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