Aktualisierte S3-Leitlinie Prostatakarzinom: Laborwert statt Tastuntersuchung

von | März 27, 2025 | Gesundheit, Nicht kategorisiert, Politik

Die Aktualisierung der S3-Leitlinie Prostatakarzinom unter der Leitung der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) ist eine Revolution: Laborwerte sollen die rektale Untersuchung zur Frühdiagnose ersetzen. Einziges Manko: Die Kassen der GKV übernehmen die Kosten für die PSA-Bestimmung bislang nicht. Bezahlen muss der Patient selbst.

Die Konsultationsfassung der Version 8 dieser evidenzbasierten interdisziplinären Leitlinie bringt weitreichende Neuerungen mit sich, die insbesondere die Früherkennung, Diagnostik und lokale Therapie der häufigsten Krebserkrankung bei Männern revolutionieren werden. Sie steht ab sofort auf der Website des Leitlinienprogramms Onkologie (www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/prostatakarzinom) zur öffentlichen Konsultation bereit, Kommentare können bis zum 25. April 2025 eingereicht werden.

Das Prostatakarzinom bleibt in Deutschland die häufigste bösartige Tumorerkrankung bei Männern und die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache. Im Jahr 2020 wurden etwa 65.800 Neuerkrankungen registriert, während über 15.400 Männer an der Krankheit starben. „Die Bedeutung dieses umfassenden Leitlinien-Updates ist enorm“, betont Prof. Dr. Marc-Oliver Grimm, Leitlinienkoordinator der DGU.

In Deutschland ist Prostatakrebs mit jährlich etwa 65.000 Neuerkrankungen die häufigste Krebsart bei Männern. (Credits: freepik)
In Deutschland ist Prostatakrebs mit jährlich etwa 65.000 Neuerkrankungen die häufigste Krebsart bei Männern. (Credits: freepik)

Früherkennung: Abschied von der Tastuntersuchung

Ein zentraler Schwerpunkt der überarbeiteten Leitlinie liegt im Kapitel „Früherkennung, Diagnostik und Stadieneinteilung“. Eine der markantesten Änderungen: Die digitale rektale Untersuchung (Tastuntersuchung) wird zur Früherkennung nicht mehr empfohlen. Stattdessen liegt der Fokus auf einem PSA-basierten Screening, dessen Vor- und Nachteile klar dargestellt werden. In der Primärdiagnostik gewinnt die Magnetresonanztomographie (MRT) der Prostata an Bedeutung. „Biopsien sollen künftig stärker an bildmorphologischen Informationen ausgerichtet werden. Bei unauffälligem MRT-Befund, etwa PI-RADS 1 oder 2, wird keine Biopsie empfohlen“, erklärt Prof. Grimm. Dies soll die Diagnose nicht-behandlungsbedürftiger Karzinome reduzieren.

Therapie: Aktive Überwachung statt Übertherapie

Auch die Therapie des lokalisierten Prostatakarzinoms erfährt tiefgreifende Änderungen. Besonders beim „Low risk Prostatakarzinom“ wird künftig ausschließlich die Aktive Überwachung empfohlen, anstatt lokale Therapieformen wie Operation oder Bestrahlung einzusetzen. „Das wird Übertherapien deutlich verringern“, sagt Grimm. Er hebt hervor, dass die Leitlinie international als fortschrittlich gilt und dazu beitragen wird, relevante Prostatakarzinome gezielt zu diagnostizieren und zu behandeln.

Schritt Richtung organisiertem Früherkennungsprogramm

DGU-Präsident Prof. Dr. Bernd Wullich und Generalsekretär Prof. Dr. Maximilian Burger unterstreichen die Bedeutung der Aktualisierung für die Gesundheitspolitik: „Die Leitlinie ebnet den Weg für ein risikoadaptiertes PSA-basiertes Früherkennungsprogramm als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen – ein Ziel, das die DGU im Einklang mit der EU-Ratsempfehlung von 2022 verfolgt.“ Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) kann die neuen Empfehlungen nun in seine Entscheidungen einfließen lassen.

Öffentliche Konsultation und Ausblick

Die Konsultationsfassung wurde unter Mitwirkung von 22 Fachgesellschaften und Arbeitskreisen erarbeitet. Die Öffentlichkeit hat nun vier Wochen Zeit, bis zum 25. April 2025, um Kommentare einzureichen. Nach deren Auswertung wird die finale Version der 8. Ausgabe der S3-Leitlinie Prostatakarzinom veröffentlicht. Mit diesen Änderungen setzt die DGU neue Maßstäbe in der Versorgung von Prostatakrebspatienten – ein Fortschritt, der weit über Deutschland hinaus Beachtung finden dürfte.

Original Paper:

Leitlinienprogramm Onkologie: Prostatakarzinom

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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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