Arthrofibrose im Knie: Wirksamkeit operativer Verfahren unklar

Arthrofibrose, eine überschießende Narbenbildung in großen Gelenken wie dem Knie, beeinträchtigt die Beweglichkeit und verursacht Schmerzen – mit erheblichen Folgen für die Lebensqualität. Doch ob operative Eingriffe diese Beschwerden lindern können, bleibt unklar. Ein aktueller Bericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zeigt: Es fehlen geeignete Studien, um die Wirksamkeit solcher Verfahren zu belegen.
Im Auftrag des IQWiG hat ein Team der Medizinischen Hochschule Hannover untersucht, ob Operationen wie Arthroskopie, offene Eingriffe (Arthrolyse) oder der Austausch von Knieprothesen bei Arthrofibrose die Beweglichkeit verbessern und Schmerzen reduzieren. Ausgangspunkt war ein Bürgervorschlag im Rahmen des IQWiG-ThemenCheck-Programms: Ein Betroffener, der selbst unter den Einschränkungen leidet, wollte wissen, ob ihm eine Operation helfen könnte. Schätzungsweise 50.000 Menschen in Deutschland erkranken jährlich an Arthrofibrose, meist am Knie, häufig nach Verletzungen oder Operationen.

Zunächst wird Arthrofibrose konservativ behandelt: Entzündungshemmende Medikamente, Physiotherapie, Lymphdrainage oder motorisierte Bewegungsschienen sollen die Narbenbildung eindämmen und die Beweglichkeit fördern. Diese Therapie kann bis zu einem Jahr dauern. Wenn sie nicht ausreicht, kommen operative Optionen infrage: Gelenkspiegelungen oder offene Operationen lösen Verwachsungen, bei Prothesenproblemen wird die Endoprothese gewechselt. Eine weitere Methode ist die Narkose-Mobilisation (MUA), bei der das Knie unter Vollnarkose manuell gedehnt wird, um Narbengewebe zu lockern. 2019 wurden in Deutschland rund 10.000 MUAs, 6.000 offene Operationen und über 9.000 Arthroskopien abgerechnet.
Mangel an Evidenz
Die Wissenschaftler fanden jedoch kaum belastbare Daten. Für Operationen wie Arthrolyse oder Prothesenwechsel gibt es keine Studien, die deren Nutzen belegen. Eine einzige Untersuchung verglich die Narkose-Mobilisation mit einer sechs-wöchigen Therapie mittels computergesteuerter Bewegungsschiene, ergänzt durch Physiotherapie. An der Studie nahmen etwa 60 Patienten mit künstlichem Kniegelenk teil. Nach sechs Wochen zeigte sich kein signifikanter Unterschied in Bewegungsumfang, Schmerzen, Komplikationen oder Lebensqualität zwischen den Gruppen. Zudem wies die Studie methodische Schwächen auf, die ihre Aussagekraft einschränken.
Aktuell laufen keine weiteren Studien, und auch geplante Forschungen fehlen. „Jährlich werden Tausende wegen Arthrofibrose operiert, ohne dass wir wissen, ob diese Eingriffe helfen“, kritisiert Ulrich Siering vom IQWiG-ThemenCheck-Team. Betroffene stünden vor einer schwierigen Entscheidung ohne klare wissenschaftliche Grundlage.
Handlungsbedarf
Die Autoren fordern prospektive Vergleichsstudien, die operative mit konservativen Ansätzen kontrastieren. Nur so könnten Patienten fundierte Entscheidungen treffen. Bis dahin bleibt die Frage, ob Operationen bei Arthrofibrose Linderung bringen, unbeantwortet – ein unbefriedigender Zustand für die Betroffenen, die im Alltag stark eingeschränkt sind.
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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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