Metastasen und Verbrennungen: Neurolinguistiker plädiert für medizinische Sprache in der Klimadebatte

von | Jul 29, 2024 | Allgemein

„Die Einführung einer medizinischen Sprache in der Klimakommunikation könnte einen Paradigmenwechsel darstellen. Dieser Ansatz könnte helfen, die Ernsthaftigkeit der Klimakrise klarer zu kommunizieren und eine breitere Akzeptanz für notwendige Maßnahmen zu schaffen“, betont Bálint Forgács. Symbolbild. Credits: Pixabay

Die im Fachmagazin „Frontieres in Climate“ erschienenen Studie “A medical language for climate discourse” zeige, dass die bisherige wissenschaftliche Kommunikation rund um den Klimawandel häufig missverstanden wird oder nicht die nötige Dringlichkeit vermittelt. Dies liege an der oft euphemistischen und technisch-jargonhaften Sprache, die von Klimaforschenden häufig verwendet werde.

“Diese Sprache entspricht zwar den wissenschaftlichen Normen der Zurückhaltung und Bescheidenheit, doch die versteckten Implikationen erschweren es Nicht-Experten, die Schwere der Klimakrise vollständig zu begreifen”, heißt es dazu in einer Mitteilung der FU Berlin.

Kernergebnisse der Studie:

  • 1. Metaphorische Sprache und ihre Auswirkungen: Wissenschaftliche Metaphern können mehrdeutig sein und aufgrund ihrer Ausdruckskraft den Diskurs unverhältnismäßig stark beeinflussen. Diese Mehrdeutigkeit kann jedoch zu Missverständnissen führen, besonders bei nicht-wissenschaftlichem Publikum.
     
  • 2. Vorschlag einer medizinischen Terminologie: Durch die Verwendung medizinischer Begriffe könnten Klimafragen in einem Kontext dargestellt werden, der lebensrettende Maßnahmen betont. Beispielsweise könnte man klimatische Kipppunkte als „Metastasen“ beschreiben, was eine ernstere und dringlichere Reaktion hervorruft.
     
  • 3. Verbesserung der politischen Debatten: Eine sprachliche Umstellung von technischer Forschung hin zu einem medizinischen Kontext könnte dazu beitragen, eine ehrliche Bewertung der notwendigen rechtlichen und regulatorischen Schritte zur Erhaltung der Lebensfähigkeit unseres Planeten zu fördern.
     
  • 4. Vergleich zu anderen Risikobereichen: Die Studie stellt fest, dass die Umsetzung von wissenschaftlichem Wissen in der Klimapolitik im Vergleich zu anderen Bereichen mit hohem Risiko, wie der Luftfahrt oder der Medizin, deutlich zurückbleibt. Diese Bereiche regulieren Verantwortung und Sicherheit strenger, was in der Klimapolitik bisher nicht im gleichen Maße der Fall ist.

Der Neurowissenschaftler hebt hervor, dass die aktuelle Klimasprache oft positive Emotionen (z.B. „grün“, „öko-freundlich“) oder passive Töne (z.B. „Katastrophe“, „Krise“) verwendet, die die Dringlichkeit der Situation abschwächen. Der Einsatz einer negativeren (z.B. „globale Überhitzung“, „globale Verbrennung“), aktiveren (z.B. „Klimazerstörung“, „Klimaselbstmord“), und direkteren Sprache (z.B. „Hochofeneffekt“) könnte die Öffentlichkeit und politische Entscheidungsträger dazu motivieren, effektiver zu handeln.

„Die Einführung einer medizinischen Sprache in der Klimakommunikation könnte einen Paradigmenwechsel darstellen. Dieser Ansatz könnte helfen, die Ernsthaftigkeit der Klimakrise klarer zu kommunizieren und eine breitere Akzeptanz für notwendige Maßnahmen zu schaffen“, betont Bálint Forgács. Forschende, Medienschaffende und Aktivisten sollen mit der Studie ermutigt werden, neue, kraftvolle und emotionale Metaphern zu entwickeln und zu verbreiten, die die Dringlichkeit und die Risiken des Klimawandels prägnant und verständlich darstellen.


Original Paper:
 

Frontiers | A medical language for climate discourse (frontiersin.org)

 

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