AML und und Chemotherapie schädigen langfristig das Nervensystem im Knochenmark

von | Aug 1, 2024 | Allgemein, Gesundheit

Vereinfachtes Schema des gesunden und leukämischen menschlichen Knochenmarks. Leukämie führt zur Schädigung und zum Verlust von Nerven, was das Gleichgewicht der Blutzellenentwicklung stören kann. Abbildung erstellt mit BioRender. | Copyright: © Tatyana Grinenko and Iryna Kovtun |

Die Forschenden sammelten Biopsieproben von Gesunden und AML-Betroffenen am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus und visualisierten mit Hilfe modernster Mikroskopie erstmals die gesunde und leukämische menschliche Knochenmarks-Mikroumgebung in 3D.

Das Team unter der Leitung von Tatyana Grinenko und Martin Bornhäuser fand eine dramatische Verringerung der funktionellen sympathischen Nervenfasern im Knochenmark von AML-Betroffenen. Durch die Chemotherapie wurden die Nerven im Knochenmark weiter zerstört. Zudem erholten sich die funktionsfähigen sympathischen Nerven im Knochenmark auch sieben, bzw. zwölf Monate nach der Behandlung nicht. Die Forschenden entdeckten damit die anhaltende Wirkung von invasivem Leukämiewachstum und Chemotherapie auf die sympathische Nervenkomponente des menschlichen Knochenmarks.

Eine Schädigung der Knochenmarksnerven kann zu einer langfristigen Funktionsstörung des Blutsystems führen und die vollständige Genesung nach einer zytotoxischen Leukämiebehandlung verlangsamen oder unterbrechen (eine zytotoxische Leukämiebehandlung beinhaltet den Einsatz von Medikamenten, die Krebszellen abtöten oder ihr Wachstum hemmen, kann aber auch gesunde Zellen im Knochenmark schädigen). Insgesamt eröffnen diese Ergebnisse eine neue Richtung für die Behandlung von AML-Betroffenen durch den Schutz oder die Wiederherstellung der Nerven im Knochenmark. Die Forschenden arbeiten daran, die Mechanismen der Nervenschädigung zu identifizieren, um die Wirksamkeit der Leukämietherapie zu verbessern.

Blutbildende Stammzellen sind eine seltene Zellart des Knochenmarks (BM), aus der alle Blutzellen hervorgehen: Rote Blutkörperchen, Blutplättchen, Lymphozyten und myeloische Zellen. Stammzellen spielen eine zentrale Rolle bei der Produktion von Blutzellen und der Aufrechterhaltung eines gesunden Blutkreislaufs. Eine Störung dieses Prozesses kann schwerwiegende Folgen haben, wie zum Beispiel bei der akuten myeloischen Leukämie (AML), einer Krebserkrankung, die die Blutzellproduktion stark beeinträchtigt.

Bei der AML führen Mutationen in blutbildenden Stammzellen oder anderen unreifen blutbildenden Zellen im Knochenmark dazu, dass die Blutzellproduktion außer Kontrolle gerät. Die abnormen oder mutierten Zellen können nicht normal funktionieren und keine reifen Blutzellen bilden. Sie sammeln sich im Knochenmark und im Blut an und verdrängen die normalen Zellen.

Das Knochenmark ist ein komplexer, gut organisierter Raum mit verschiedenen Arten von Zellen und Strukturen wie blutbildenden Stammzellen, reiferen Blutzellen, Knochenzellen, Gefäßen, Nerven und anderen Zelltypen. Das Zusammenspiel aller Bestandteile des Knochenmarks gewährleistet die ununterbrochene Produktion aller Arten von Blutzellen. Anormale Leukämiezellen können jedoch die Kontrolle übernehmen und das Gleichgewicht im System so verändern, dass es für das Knochenmark schwierig wird, gesunde Blutzellen zu produzieren. Darüber hinaus können Krebszellen sogar andere Zellen umprogrammieren, um ihr Wachstum zu unterstützen. Daher ist es für die Entwicklung wirksamer Krebstherapien wichtig zu verstehen, wie Leukämiezellen die Umgebung des Knochenmarks verändern.

Die meisten Studien über gesundes und leukämisches Knochenmark wurden an Mausmodellen durchgeführt. Verschiedene Forschungsteams haben gezeigt, dass das sympathische Nervensystem viele Prozesse regulieren kann, darunter die ausgewogene Produktion von Blutzellen, die Zellwanderung im Körper, die Wiederherstellung des Blutkreislaufs nach Stress und das Wachstum von Krebszellen. Trotz der detaillierten Charakterisierung des Knochenmark-Milieus der Maus (murines BM-Milieu) ist das menschliche Knochenmark noch unzureichend erforscht und es muss geklärt werden, ob alle Komponenten des Maus-Knochenmarks auch für den Menschen relevant sind. 


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