Neuer Therapieansatz für seltene Epilepsie am LMU Klinikum erfolgreich

von | Apr. 23, 2025 | Forschung, Gesundheit

Ein frühgeborenes Mädchen, das im LMU Klinikum an einer extrem seltenen Form der Epilepsie litt, wurde erfolgreich mit einer neuartigen Präzisionstherapie behandelt. Die Patientin leidet an einer SCN2A-assoziierten Entwicklungs- und epileptischen Enzephalopathie (SCN2A-DEE), verursacht durch eine Mutation im SCN2A-Gen, die zu schweren epileptischen Anfällen und Entwicklungsstörungen führt. Konventionelle Therapien blieben wirkungslos, doch ein interdisziplinäres Team aus dem Dr. von Haunerschen Kinderspital, der Neonatologie, dem Pädiatrischen Epilepsiezentrum des LMU Klinikums und dem TUM Klinikum entwickelte einen innovativen Ansatz, dessen Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Nature Medicine“ veröffentlicht wurden.

Die Diagnose der genetischen Erkrankung erfolgte bereits im Mutterleib, was eine frühzeitige Planung ermöglichte. Kern der neuen Therapie ist das Antisense-Oligonukleotid (ASO) Elsunersen, ein kleines RNA-Fragment, das die Produktion des fehlerhaften Proteins hemmt, indem es die mRNA des SCN2A-Gens abbaut. Das Medikament wurde dem Kind direkt in den Rückenmarkskanal verabreicht, ergänzt durch eine konventionelle Behandlung. Die Therapie reduzierte die Anfallshäufigkeit um über 60 Prozent auf fünf bis sieben Anfälle pro Stunde, ein Zustand, der bis zum Alter von 22 Monaten stabil blieb. Schwere Nebenwirkungen traten über 20 Monate und 19 Verabreichungen nicht auf, allerdings blieben die neurologischen Entwicklungsstörungen bestehen, vermutlich aufgrund der früh einsetzenden Erkrankung.

Nach einer Behandlung der Zellen mit einem ASO gegen SCN2A zeigt sich eine deutliche Verminderung des roten Signals, was die Effektivität des ASOs verdeutlicht (rechtes Bild). In Blau sind die Zellkerne angefärbt. | Quelle: Dr. Matias Wagner | Copyright: TUM Klinikum

Die Studie unterstreicht das Potenzial von ASO-Therapien für genetische Erkrankungen. Die beteiligten Experten betonen, dass solche Behandlungen große klinische Erfahrung, interdisziplinäre Zusammenarbeit und erhebliche Ressourcen erfordern. Das Münchner Team, unterstützt von Partnern wie dem Universitätsklinikum Bonn, dem Florey Institute in Australien und weiteren Institutionen, plant, ASOs für weitere seltene neuropädiatrische Erkrankungen zu entwickeln. Die erfolgreiche Behandlung markiert einen Meilenstein in der Epileptologie und stärkt die Rolle der Präzisionsmedizin in der Behandlung genetisch bedingter Erkrankungen.

Original Paper:

Antisense oligonucleotide treatment in a preterm infant with early-onset SCN2A developmental and epileptic encephalopathy | Nature Medicine

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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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