Neuartige OptoAssays vereinfachen Labordiagnostik
Ein Forscherteam der Universität Freiburg und des Leibniz-Institut für Neue Materialien in Saarbrücken (INM) hat Testverfahren entwickelt, in denen komplexe mechanische Pumpen durch einfach Leuchtdioden ersetzt werden konnten. Diese OptoAssays ahmen das Verhalten von biologischen Zellen nicht nur nach, sie verwenden auch deren genetische Programmierung.
Für komplexe Tests kommen bislang Assays zum Einsatz, die eine bidirektionale Steuerung von Flüssigkeiten, also eine Beförderung in das Testsystem und einen Rücktransport aus dem Testsystem ermöglichen. Allerdings benötigen diese in mehreren Schritten arbeitenden Assays teure und verschleißanfällige Pumpen. Mit Hilfe solcher Pumpen werden die nicht gebundenen Moleküle immer wieder aus dem System gewaschen, was dafür sorgt, dass nur die nachzuweisenden Partikel an den detektierenden Antikörpern haften bleiben.
Forschende der Universität Freiburg und des INM haben nun eine Lösung gefunden, wie komplexe Testdesigns ohne teure und unhandliche Bauteile auskommen, indem sie teure und aufwändige mechanische Pumpen durch einfache und billige Leuchtdioden (LEDs) ersetzten. Diese OptoAssays ermöglichen die bidirektionale, lichtinduzierte Bewegung von Biomolekülen und das Auslesen von Testergebnissen ohne zusätzliche mechanische Waschschritte.
Ein OptoAssay nutzt einen Sender- und einen Empfängerbereich, die durch das Hinzufügen der Testreagenz in Kontakt gebracht werden. Im Senderbereich befindet sich ein spezielles Protein, das auf Licht reagiert. Es kann bestimmte Moleküle binden oder wieder loslassen, je nachdem, welche Art von Licht es einfängt. Sendet eine LED rotes Licht mit einer Wellenlänge von 660 Nanometern aus, binden die Moleküle an das Protein. Wenn auf dunkelrotes Licht mit einer Wellenlänge von 740 Nanometern umgeschaltet wird, trennen sich die Moleküle wieder vom Protein. Im Empfängerbereich befinden sich Antikörper, die speziell darauf ausgelegt sind, das gesuchte Protein in der Testreagenz zu erkennen und festzuhalten.
Die Methode haben sich die Forschenden von Pflanzen abgeschaut. Prof. Wilfried Weber, Synthetischer Biologe und Wissenschaftlicher Direktor des INM erklärt den Mechanismus: „Im Cytoplasma der Zelle, dem Bereich, der den Zellkern umgibt, befindet sich ein Photorezeptor, der sich durch Licht steuern lässt. Wenn er rotes Licht empfängt, wird er aktiviert und dockt an ein Bindeprotein an. Dadurch transportiert das Bindeprotein den Photorezeptor huckepack in den Zellkern hinein. Damit wird im Zellkern zum Beispiel ein Wachstumsprogramm gestartet. Sobald die Wellenlänge des Lichts auf Dunkelrot umschaltet, wird diese Bindung wieder unterbrochen.“
Doch der Bezug zur Natur ist nicht nur über die Methode gegeben. Die Photorezeptoren im OptoAssay, die die Reagenzien freilassen, sind im Gegensatz zu den sonst verwendeten Pumpen aus natürlichen Materialien hergestellt. Gene, die die Informationen für den Photorezeptor der Pflanzenzelle enthalten, werden aus der Pflanze entnommen und in Bakterien eingebracht. Diese Bakterien produzieren dann den Photorezeptor und das Bindeprotein, die im OptoAssay zum Einsatz kommen. Die ursprünglich mechanischen Bauteile sind somit durch nachhaltig herstellbare natürliche Komponenten ersetzt.
Die Forschenden sehen großes Potenzial für den Einsatz von OptoAssays in der Vor-Ort-Diagnostik, also auch außerhalb des Labors, ähnlich wie bei Lateral-Flow-Assays. „OptoAssays können einfach in Verbindung mit Smartphones gesteuert und ausgelesen werden und künftig externe Durchflusskontrollsysteme wie Pumpen und Signalauslesegeräte überflüssig machen”, erläutert Dr. Can Dincer von der Universität Freiburg, “und damit ebnen sie den Weg für neue Diagnosegeräte, die kostengünstige und unkomplizierte Analysen direkt vor Ort, auch in ressourcenarmen Umgebungen, ermöglichen.“
Originalpublikation
Science Advances. 25. September 2024 OptoAssay—Light-controlled dynamic bioassay using optogenetic switches
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