Nanoplastik kann Wirkung von Antibiotika beeinträchtigen

von | Okt. 30, 2024 | Allgemein, Forschung, Gesundheit

Im Körper abgelagerte Nanoplastikteilchen beeinflussen die Wirksamkeit von Antibiotika – und fördern womöglich sogar die Entstehung von antibiotikaresistenten Bakterien. Die Studienergebnisse wurden im Fachjournal „Scientific Reports“ publiziert.

Um zu untersuchen, ob und wie Nanoplastikpartikel im Blut mit Antibiotika interagieren, hat das Forschungsteam unter der Leitung von Lukas Kenner (MedUni Wien), Barbara Kirchner (Universität Bonn) und Oldamur Hollóczki (Universität Debrecen) ein gängiges Medikament mit weit verbreiteten Kunststoffarten in Verbindung gebracht. Im Fokus stand das Breitbandantibiotikum Tetracyclin, das gegen viele bakterielle Infektionen etwa der Atemwege, der Haut oder des Darms eingesetzt wird. Bei den Kunststoffen fiel die Wahl auf Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) und Polystyrol (PS), die allgegenwärtige Bestandteile von Verpackungsmaterialien sind, sowie Nylon 6,6 (N66), das in vielen Textilien wie Kleidung, Teppichen, Sofabezügen oder Vorhängen enthalten ist. Nanoplastik ist kleiner als 0,001 Millimeter und gilt aufgrund seiner geringen Größe als besonders bedenklich für Mensch und Umwelt.

Nanopartikel beeinflussen die Eigenschaften von Antibiotika - und somit die Therapien. Symbolbild. Credits: Pexels
Plastik-Nanopartikel beeinflussen die Eigenschaften von Antibiotika – und somit die Therapien. Symbolbild. Credits: Pexels

Mit Hilfe komplexer Computermodelle konnte das Team nachweisen, dass die Nanoplastikpartikel Tetracyclin binden und so die Wirksamkeit des Antibiotikums beeinträchtigen können. „Besonders stark war die Bindung bei Nylon“, betont Lukas Kenner und weist auf eine weitgehend unterschätzte Gefahr in Innenräumen hin: „Dort ist die Mikro- und Nanoplastikbelastung etwa fünfmal höher als draußen. Nylon ist einer der Gründe dafür: Es wird aus Textilien freigesetzt und gelangt z.B. über die Atmung in den Körper.“

Gefahr von Antibiotikaresistenzen

Wie die Studienergebnisse zeigen, kann die Bindung von Tetracyclin an Nanoplastikpartikel die biologische Aktivität des Antibiotikums verringern. Gleichzeitig könnte die Bindung an Nanoplastik dazu führen, dass das Antibiotikum an nicht dafür vorgesehene Stellen im Körper transportiert wird, wodurch es seine gezielte Wirkung verliert und möglicherweise andere unerwünschte Effekte hervorruft. „Besonders besorgniserregend ist unsere Erkenntnis, dass die lokale Konzentration von Antibiotika an der Oberfläche der Nanoplastikpartikel ansteigen kann“, berichtet Kenner über ein weiteres Detail aus der Studie. Diese Konzentrationserhöhung könnte zur Entstehung antibiotikaresistenter Bakterien führen. Kunststoffe wie Nylon 6,6, aber auch Polystyrol, die eine stärkere Bindung an Tetracyclin aufweisen, könnten somit das Risiko von Resistenzen erhöhen. „In einer Zeit, in der Antibiotikaresistenzen weltweit zu einer immer größeren Bedrohung werden, müssen solche Wechselwirkungen berücksichtigt werden“, so Kenner.

Die Studie zeige, dass die Exposition gegenüber Nanoplastik nicht nur als direktes Gesundheitsrisiko zu betrachten ist, sondern indirekt auch die Therapie von Erkrankungen beeinflussen könne, so die Forschenden. „Wenn Nanoplastik die Wirksamkeit von Antibiotika reduziert, stellt die Dosierung ein massives Problem dar“, sagt Kenner mit Blick auf künftige Studien, die sich mit dem Einfluss von Nanoplastik auf andere Medikamente beschäftigen.

Original Paper:

The adsorption of drugs on nanoplastics has severe biological impact | Scientific Reports

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