Hirnforschung: Holografisches Endoskop nimmt 850-Millionen-Euro Markt ins Visier

Das Ziel ist ehrgeizig: Ein europäisches Forschungsteam aus Deutschland, Tschechien und Belgien entwickelt eine neuartige Bildgebungstechnologie, um neuronale Prozesse in lebenden Organismen mit hoher Präzision sichtbar zu machen. Das Projekt NEUROGATE setzt auf ein holografisches Endoskop, das mithilfe einer haarfeinen optischen Faser tief ins Gehirn blickt – minimalinvasiv und mit subzellulärer Auflösung. Der European Innovation Council (EIC) fördert die Weiterentwicklung dieser Technologie mit 2,5 Millionen Euro, um sie für biomedizinische Anwendungen zu testen.

Das holografische Endoskop basiert auf einer multimodalen optischen Faser, die dünner ist als ein menschliches Haar. Es ermöglicht die Langzeit-Beobachtung neuronaler Schaltkreise in tiefen Hirnregionen – selbst bei frei beweglichen Organismen. Dies eröffnet neue Perspektiven für die Erforschung von neurologischen Erkrankungen wie Alzheimer oder Epilepsie und könnte zur Entwicklung innovativer Diagnose- und Therapieansätze beitragen.
„Diese Technologie markiert einen Wendepunkt in der Neurowissenschaft“, sagt Prof. Dr. Tomáš Čižmár, Forschungsabteilungsleiter am Leibniz-Institut für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT) und Professor an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Mit NEUROGATE bringen wir sie auf den nächsten Entwicklungsstand, um neuronale Aktivität unter natürlichen Bedingungen mit bisher unerreichter Präzision zu untersuchen. Diese Erkenntnisse könnten unser Verständnis neurologischer Erkrankungen erheblich erweitern.“
Ziel von NEUROGATE ist es, die Technologie auf Technology Readiness Level 6 (TRL6) zu bringen – also unter realitätsnahen Bedingungen zu validieren. Dies ist ein entscheidender Schritt, um den Einsatz in der biomedizinischen Forschung und später in klinischen Anwendungen vorzubereiten.
Das Projekt baut auf den erfolgreichen ERC-Proof-of-Concept-Förderungen von Čižmár am Leibniz-IPHT und am ISI auf. Während WOKEGATE (Leibniz-IPHT) die Entwicklung ultrafeiner Endoskope zur Untersuchung neuronaler Netzwerke ermöglichte, zeigte STROKEGATE (ISI), wie diese Technologie zur Analyse der Auswirkungen von Schlaganfällen auf das Gehirn genutzt werden kann.
Das Konsortium schätzt den Markt für holographische Endoskope auf mehr als 850 Millionen Euro. Die Technologie könnte nach Ansicht des Konsortiums die Diagnose und Behandlung neurologischer Erkrankungen grundlegend verändern.
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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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