Fast eine Million Menschen in Westfalen-Lippe leiden unter Depressionen

von | Okt 8, 2024 | Allgemein, Gesundheit, Politik

Depressionen haben in Westfalen-Lippe in den letzten Jahren deutlich zugenommen und gehören zu den größten Herausforderungen im Gesundheitswesen. Das geht aus dem neuen ‘AOK-Gesundheitsatlas Depressionen’ des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) hervor, den die AOK heute in Dortmund vorstellte. Danach waren in Westfalen-Lippe 988.000 Menschen ab zehn Jahren in 2022 deshalb in ärztlicher Behandlung, das entspricht 13,2 Prozent der Bevölkerung.

Der AOK-Gesundheitsatlas zeigt bei der Depressions-Häufigkeit deutliche Unterschiede zwischen den Kreisen und kreisfreien Städten in Westfalen-Lippe: Während in der Stadt Münster 9,8 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner wegen Depressionen in ärztlicher Behandlung waren, lag der Anteil in Hagen bei 16,3 Prozent. / Credits: AOK NordWest
Der AOK-Gesundheitsatlas zeigt bei der Depressions-Häufigkeit deutliche Unterschiede zwischen den Kreisen und kreisfreien Städten in Westfalen-Lippe: Während in der Stadt Münster 9,8 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner wegen Depressionen in ärztlicher Behandlung waren, lag der Anteil in Hagen bei 16,3 Prozent. / Credits: AOK NordWest

Besorgniserregend ist, dass die Anzahl der Betroffenen in den vergangenen fünf Jahren kontinuierlich angestiegen ist und nunmehr einen Höchstwert erreicht hat. Dabei ist besonders auffällig, dass es zwischen den Regionen in Westfalen-Lippe deutliche Unterschiede gibt. “Depressionen zählen zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Sie verursachen für die Betroffenen nicht nur persönliches Leid und eine erhebliche Einschränkung ihrer Lebensqualität, sondern auch hohe Kosten für das Gesundheitssystem und die Wirtschaft”, sagte Tom Ackermann, Vorstandsvorsitzender der AOK NordWest. Der AOK-Chef wies darauf hin, dass die Stigmatisierung von Depressionen nach wie vor ein großes Problem sei. “Obwohl die Zahl der diagnostizierten Fälle steigt, suchen viele Betroffene aus Angst vor gesellschaftlicher Ausgrenzung oder beruflichen Nachteilen immer noch zu selten professionelle Hilfe.”

Deutliche regionale Unterschiede

Der AOK-Gesundheitsatlas zeigt bei der Depressions-Häufigkeit deutliche Unterschiede zwischen den Kreisen und kreisfreien Städten in Westfalen-Lippe: Während in der Stadt Münster 9,8 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner wegen Depressionen in ärztlicher Behandlung waren, lag der Anteil in Hagen bei 16,3 Prozent. Im Vergleich zu anderen Bundesländern liegt der Anteil der wegen Depressionen behandelten Personen in Westfalen-Lippe mit 13,2 Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt von 12,5 Prozent.

Krankheitshäufigkeit steigt im Alter an – Frauen stärker betroffen

Bereits Kinder und Jugendliche ab zehn Jahren sind wegen Depressionen in ärztlicher Behandlung. Die Krankheitshäufigkeit steigt mit zunehmendem Alter deutlich an. Frauen sind in fast allen Altersgruppen stärker betroffen als Männer. Bei den 60 bis 64-Jährigen ist jede vierte Frau und fast jeder sechste Mann betroffen. In den Altersklassen zwischen 65 und 74 Jahren ist dann ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Nach diesem “Knick” steigen die Prävalenzen jedoch weiter deutlich an. Der Prävalenzgipfel wird bei den 75 bis 79-jährigen Frauen mit 29,8 Prozent erreicht. Bei den Männern wird die höchste Prävalenz mit 16,9 Prozent in der Altersgruppe der 80 bis 84-Jährigen gemessen.

Hohe Krankheits- und Produktions-Ausfallkosten durch Depressionen

Die Relevanz der Erkrankung zeigt sich auch bei den volkswirtschaftlichen Kosten, die im AOK-Gesundheitsatlas analysiert werden. So entfielen nach der letzten vorliegenden Krankheitskosten-Statistik des Statistischen Bundesamtes 9,5 Milliarden Euro auf Depressionen. Dies entspricht 2,2 Prozent aller Krankheitskosten. Depressionen haben somit aus Kostenperspektive eine höhere Relevanz als Herzinsuffizienz (7,4 Mrd. Euro) oder Diabetes mellitus (7,4 Mrd. Euro).

Zusätzlich zu den direkten Krankheitskosten entstehen indirekte Kosten durch krankheitsbedingte Fehltage. Auf die 34,5 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Jahr 2022 hochgerechnet ergeben sich daraus 53,8 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage und Produktions-Ausfallkosten in Höhe von etwa 6,9 Milliarden Euro. Der Anteil der Depressionen an den gesamten volkswirtschaftlichen Kosten durch Arbeitsunfähigkeit beläuft sich somit auf 7,7 Prozent.

Beschäftigte in der Haus- und Familienpflege mit hohen Ausfalltagen

Allein nur bei den bei der AOK NordWest in Westfalen-Lippe versicherten Beschäftigten in 2023 fielen fast 2,3 Millionen Fehltage wegen Depressionen an. Die Dauer je Fall lag bei 42 Tagen. Am häufigsten betroffen von Depressionen waren Beschäftigte aus Berufen in der Haus- und Familienpflege, Sozialverwaltung & -versicherung, Bus- und StraßenbahnfahrerInnen sowie Berufe in der Altenpflege und Kinderbetreuung & -erziehung. “Unabhängig davon, welchen Einfluss berufliche Belastungen auf die Entstehung einer Depression haben, bieten Instrumente wie Fehlzeiten-Analysen oder Befragungen zur Gesundheit der Mitarbeitenden im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements die Möglichkeit, die Relevanz im eigenen Unternehmen zu erkennen und den Betroffenen entsprechende Unterstützung anzubieten. Angesichts des Fachkräftemangels kommt gerade auch dem Betrieblichen Eingliederungsmanagement nach einer Depression eine wichtige Rolle zu”, betonte Ackermann.

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