Durchbruch in der Genomforschung: Vielfalt des menschlichen Genoms detailliert abgebildet

Eine internationale Forschungsgruppe unter Beteiligung von Prof. Dr. Tobias Marschall von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat die Daten des 1000 Genome Projects (2007-2015) mit modernen Sequenzierungstechnologien erneut analysiert. Die Ergebnisse, veröffentlicht in zwei Studien in der Fachzeitschrift Nature, zeigen die Vielfalt des menschlichen Genoms in bisher unerreichter Tiefe.
Das Human Genome Project kartierte 2003 das menschliche Genom zu über 90 Prozent. Das 1000 Genome Project sammelte anschließend Daten von über 2.500 Menschen aus 26 Populationen auf fünf Kontinenten, um die genetische Vielfalt zu erfassen. Die neuen Analysen nutzten Long-Read-Sequenzierung, die längere DNA-Abschnitte präzise abbildet. Dadurch konnten genetische Varianten, von kleinen Basenpaarunterschieden bis zu strukturellen Veränderungen wie gelöschten oder wiederholten Abschnitten, genauer identifiziert werden. Solche Varianten sind entscheidend für das Verständnis seltener genetischer Krankheiten.

Die erste Studie (Schloissnig, Pani et al.) sequenzierte 1.019 Genome und erweiterte die Datenbasis des Human Pangenome Reference Projects von 2023, das eine Referenzkarte der genetischen Vielfalt auf Basis von 47 Individuen erstellte. Diese größere Kohorte erleichtert die Untersuchung seltener struktureller Varianten. Die zweite Studie (Logsdon, Ebert et al.) fokussierte auf die vollständige Sequenzierung von 65 Genomen und rekonstruierte 1.161 Chromosomen lückenlos („telomere-to-telomere“). Dies ermöglichte Einblicke in bisher schwer zugängliche Abschnitte wie Zentromere, die bei Immunstörungen und Krebs eine Rolle spielen könnten.
Die Studien, an denen weltweit renommierte Institutionen wie das EMBL Heidelberg, die University of Washington und das Research Institute of Molecular Pathology Vienna beteiligt waren, schaffen eine frei zugängliche Ressource für die globale Forschung. Prof. Marschall betont, dass die Ergebnisse neue Perspektiven für die Erforschung genetischer Krankheitsursachen eröffnen. Die Datensätze stehen Forschenden weltweit zur Verfügung und markieren einen Meilenstein in der Genomforschung.
Original Paper:
Structural variation in 1,019 diverse humans based on long-read sequencing | Nature
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Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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