Durchbruch: Blutproben von Brustkrebspatientinnen ermöglichen Kultivierung stabiler Tumor-Organoide
Dem Team um Andreas Trumpp, Abteilungsleiter am DKFZ und HI-STEM-Direktor, ist es weltweit erstmals gelungen, CTCs aus Blutproben von Brustkrebs-Patientinnen zu vermehren und als stabile Tumor-Organoide in der Kulturschale zu züchten. Bislang war dazu immer ein Umweg erforderlich, nämlich die aufwändige und langwierige Vermehrung der CTCs in immundefizienten Mäusen. Um zu verstehen, wie Tumorzellen resistent gegen Therapien werden, benötigen Forscher Tumormaterial von verschiedenen Zeitpunkten im Krankheitsverlauf. Im Gegensatz zu einer chirurgischen Entnahme von Gewebeproben (Biopsie) sind Blutabnahmen einfach und können wiederholt durchgeführt werden.
Die dreidimensionalen und patientenspezifischen Minitumoren lassen sich mehrfach während der Erkrankung aus Blutproben züchten und sind hervorragend geeignet, um die molekularen Mechanismen zu untersuchen, die das Überleben von Tumoren trotz Therapie ermöglichen. Auch präklinische Tests zur Wirksamkeit bereits verfügbarer Krebsmedikamente können schnell und in großem Maßstab an Organoiden in der Kulturschale durchgeführt werden.
Die klinische Registerstudie CATCH (ClinicalTrials.gov ID: NCT05652569) im NCT Heidelberg** analysiert die genetische Vielfalt der Tumorzellen von Brustkrebspatientinnen. Dank der erfolgreichen Anzucht der Organoide konnte das interdisziplinäre Forscherteam um Trumpp in enger Zusammenarbeit mit der CATCH-Studie einen Schlüssel-Signalweg identifizieren, der das Wachstum und Überleben der Brustkrebs-CTCs im Blut sichert. Dabei wirkt das Protein NRG1 (Neuregulin 1) wie ein lebenswichtiger ‚Treibstoff‘. Es dockt an den Rezeptor HER3 auf den Krebszellen an und aktiviert zusammen mit dem HER2-Rezeptor Signalwege, die Wachstum und Überleben der Zellen sichern. Spannend ist auch: Selbst wenn dieser Treibstoff ausgeht oder die Rezeptoren medikamentös blockiert werden, finden die Zellen neue Tricks. Ein alternativer Signalweg, gesteuert durch den Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor 1 (FGFR1), springt ein und sichert Wachstum und Überleben.
Andreas Trumpp fasst zusammen: „Die Möglichkeit, CTCs aus dem Blut von Brustkrebspatientinnen zu verschiedenen Zeitpunkten als Tumor-Organoide im Labor zu kultivieren, ist ein entscheidender Durchbruch. Damit lässt sich viel besser untersuchen, wie Tumorzellen resistent gegen Therapien werden. Auf dieser Basis können wir neue Behandlungen entwickeln, die möglicherweise auch resistente Tumorzellen gezielt abtöten. Ein weiterer denkbarer Ansatz ist, bestehende Therapien so anzupassen, dass die Entstehung von Resistenzen und Metastasen von Anfang an verringert oder sogar verhindert wird. Da die Organoide spezifisch für jede Patientin sind, ist die Methode geeignet, individuell angepasste Therapien zu identifizieren oder zu entwickeln, die optimal auf die individuelle Erkrankung abgestimmt sind.“ Vor einem Einsatz der Methode in Versorgung von Brustkrebspatientinnen muss sie zunächst in klinischen Studien erprobt werden.
Original Paper:
Roberto Würth, Elisa Donato, Laura L. Michel, Massimo Saini, Lisa Becker, Tasneem Cheytan, Daria Doncevic, Tobias Messmer, Ewgenija Gutjahr, Rebecca Weber, Corinna Klein, Hamed Alborzinia, Umut Yildiz, Vanessa Vogel, Mario Hlevnjak, Polina Kozyulina, Sarah-Jane Neuberth, Paul Schwerd-Kleine, Sevinç Jakab, Nicole Pfarr, Arlou Kristina Angeles, Astrid K. Laut, Darja Karpova, Mattia Falcone, Olaf Hardt, Benjamin Theek, Celina V. Wagner, Mirjam Becker, Sabine Wagner, Martina Haselmayr, Anita Schmitt, Carsten Müller-Tidow, Sabine Riethdorf, Klaus Pantel, Marc Zapatka, Holger Sültmann, Carl Herrmann, Verena Thewes, Peter Lichter, Andreas Schneeweiss, Martin R. Sprick, & Andreas Trumpp: Circulating tumor cell plasticity determines breast cancer therapy resistance via neuregulin 1–HER3 signaling
Nature Cancer 2025, https://doi.org/10.1038/s43018-024-00882-2
Lesen Sie auch:
Die Beiträge im News-Bereich werden erstellt vom X-Press Journalistenbüro
Gender-Hinweis. Die in diesem Text verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich immer gleichermaßen auf weibliche, männliche und diverse Personen. Auf eine Doppel/Dreifachnennung und gegenderte Bezeichnungen wird zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet