Antidepressiva: FDA-Warnungen treiben Jugendliche verstärkt in den Selbstmord

von | Okt 8, 2024 | Allgemein, Gesundheit

Eine neue systematische Überprüfung unter der Leitung des Harvard Pilgrim Health Care Institute ergab: die sogenannten Black-Box-Warnungen der FDA für Antidepressiva erhöhen die rate an Selbstmordgedanken und Selbstmordverhalten bei Jugendlichen in den USA.

Die Daten zeigen, dass diese Warnungen, die eine stärkere Überwachung von Selbstmordgedanken und -verhalten bewirken sollten, zu einem Rückgang der Einnahme wichtiger Medikamente und einer geringeren psychiatrischen Behandlung von Depressionen bei Kindern sowie zu einer Zunahme von Selbstmordversuchen und Todesfällen führten . “Die Ergebnisse unterstützen eine Neubewertung der Black-Box-Warnung”, konstatieren daher die Autoren.

Die FDA warnt vor Antidepressiva. Die Folgen sind für Jugendliche mitunter fatal. Credits: Pixabay
Die FDA warnt vor Antidepressiva. Die Folgen sind für Jugendliche mitunter fatal. Credits: Pixabay

Seit 2003 warnt die FDA, dass Antidepressiva mit Selbstmordgedanken und -verhalten bei jungen Menschen in Verbindung gebracht werden könnten. Diese Warnungen, die 2005 für unter 18-Jährige zu einer sogenannten Black-Box-Warnung (der strengsten Warnstufe) aufgewertet und 2007 auf junge Erwachsene bis zum Alter von 24 Jahren ausgeweitet wurden, sollten Ärzte dazu anhalten, Patienten aufmerksamer auf Selbstmordgedanken und -verhalten zu überwachen. Experten zufolge gibt es jedoch Belege dafür, dass diese Warnungen zu einer Verschlechterung der psychischen Gesundheit von Kindern geführt haben.

Das Studienteam sichtete insgesamt 1.841 veröffentlichte Forschungsberichte über die Warnungen aus dem Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Oktober 2022. Davon untersuchten 34 die Auswirkungen der Warnungen, von denen 11 anerkannte Kriterien für Forschungsdesigns erfüllten. Diese 11 Berichte umfassten Studien, die abrupte Änderungen der Ergebnistrends nach der FDA-Empfehlung vom Oktober 2003 und/oder den Black-Box-Warnungen vom Januar 2005 maßen.

Überwachung von Suizidsymptomen

Die Überprüfung ergab, dass nach der Warnung weniger als 5 % der pädiatrischen Patienten gemäß den von der FDA empfohlenen Kontaktplänen überwacht wurden. Diese niedrige Rate blieb gegenüber der Rate vor den Warnungen unverändert. Keine einzige Studie dokumentierte Verbesserungen der psychiatrischen Versorgung oder einen Rückgang der Selbstmordversuche oder Selbstmorde nach Inkrafttreten der Warnungen.

Unbeabsichtigte Folgen

Vier Studien mit insgesamt über 12 Millionen Patienten berichteten von einer erheblichen Verringerung der Arztbesuche wegen Depressionen und Depressionsdiagnosen. Die meisten Studien zeigten einen zunehmenden Einsatz von Antidepressiva in den Jahren vor der FDA-Warnung, gefolgt von einem abrupten, anhaltenden Rückgang des Einsatzes nach den Warnungen. Sieben Studien zeigten einen relativen Rückgang der Behandlung und des Einsatzes von Antidepressiva von 20 % bis 50 %. Drei Studien zeigten einen Anstieg der Vergiftungen durch Psychopharmaka (ein Indikator für Selbstmordversuche) und der Selbstmordtodesfälle bei pädiatrischen Patienten.

Während junge Erwachsene im Alter von 18 bis 24 Jahren nicht in die Studien mit jüngeren pädiatrischen Patienten einbezogen wurden, „sprangen“ die Auswirkungen dieser Warnungen auf junge Erwachsene über, die häufig eine Verschlechterung der psychiatrischen Versorgung und einen Anstieg der Selbstmorde erlebten.

Original Paper:

Intended And Unintended Outcomes After FDA Pediatric Antidepressant Warnings: A Systematic Review | Health Affairs

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