VORGESTELLT: Universitätsklinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Innsbruck

von | Apr 15, 2024 | Allgemein

Bettina Toth, Direktorin der Univ.-Klinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin (Foto: Birgit Köll) | Quelle: Birgit Köll | Copyright: Univ.-Klinik für Gyn. Endokrinologie und Reproduktionsmedizin

2003 gegründet feiert sie bei der Tagung „Hormone im Frühling“ am kommenden 19. und 20. April nachträglich ihr 20. Jubiläum. Das Programm – von Sexualaufklärung über Kinderwunsch bei Krebs bis Osteoporose – spiegelt das vielfältige Aufgabenfeld der Klinik in PatientInnenversorgung und Forschung wider. Wir stellen die wichtigsten Forschungsfelder der Klinik vor.

Die Universitätsklinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin verfolgt eigenen Angaben zufolge einen endokrinologischen Schwerpunkt, zu dem hormonelle Störungen wie eine zu früh einsetzende Periodenblutung bei Kindern und Jugendlichen oder Wechselbeschwerden gehören. „Wir decken das komplette Leben ab“, sagt Katharina Feil. Sie hat sich auf die Betreuung von Transgenderpersonen spezialisiert und leitet das österreichweit einzige interdisziplinäre Transgender Center in Innsbruck. An der Klinik ist außerdem die Leitung des Endometriose-Zentrums angesiedelt und sie ist Teil des Endokrinologie-Zentrums.

Zweiter Klinikschwerpunkt ist “alles rund um den Kinderwunsch”: von der ersten Abklärung – auch des männlichen Partners bei heterosexuellen Paaren – bis zur künstlichen Befruchtung. Ebenso bietet das Reproduktionszentrum fruchtbarkeitserhaltende Behandlungen an, wie das Einfrieren von Samen- oder Eizellen vor einer Chemo- oder Strahlentherapie. Auch die Kryokonservierung und Reimplantation von Eierstockgewebe ist in diesem Rahmen möglich. Direktorin Bettina Toth ist auf diesem Gebiet eine ausgewiesene Expertin: Damit verhalf sie 2022 erstmals in Österreich einer Patientin 15 Jahre nach deren Krebserkrankung zur natürlichen Geburt eines gesunden Kindes. Toth ist derzeit Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe.

An der Klinik sind derzeit 30 MitarbeiterInnnen beschäftigt – davon zehn ÄrztInnen, die sich neben der PatientInnenversorgung auch wissenschaftlich engagieren. Ihre Forschung kommt wiederum den PatientInnen zugute. Derzeit laufen rund 25 Projekte, in denen sie sich unter anderem mit der „Pille“, Endometriose, Transgender und Fruchtbarkeitserhalt beschäftigen. Eine Auswahl:

Umfrage zu reproduktiver Autonomie: In einer Umfragestudie unter Studierenden wurden im Herbst 2023 Studierende jeden Geschlechts zu ihrer Einstellung und ihrem Wissen hinsichtlich reproduktiver Gesundheit und Rechte befragt. Ziel ist es, mehr über den Aufklärungsstand in der jungen Bevölkerungsgruppe hinsichtlich der Familienplanung – u.a. Fruchtbarkeit, (ungewollte) Schwangerschaft – zu erfahren. Die Ergebnisse werden derzeit ausgewertet.

Pillenstudien: Seit 2019 sind Pharmaunternehmen dazu verpflichtet, in den Gebrauchsinformationen darauf hinzuweisen, dass manche Frauen, die hormonelle Verhütungsmittel einnehmen, von depressiven Verstimmungen und Depressionen berichten. Hintergrund ist eine dänische Registerstudie, in der untersucht wurde, welche Diagnosen Frauen erhalten haben, denen auch die Pille verschrieben worden ist. „Nähere Zusammenhänge sind nicht bekannt. Es ist wichtig, sich das genauer anzuschauen und beispielsweise auch einschneidende Lebensereignisse abzufragen. Wenn jemand mit der Pille startet und im Umfeld jemand verstirbt, dann ist die Wahrscheinlichkeit einer depressiven Phase deutlich höher, als wenn kein traumatisches Ereignis im zeitlichen Zusammenhang steht. Infolge der dänischen Studie ist eine Hormonangst unter Frauen in allen Altersgruppen entstanden. Das ist schade, denn gerade bei gewissen Erkrankungen, z.B. Endometriose, ist eine Langzeitprophylaxe mit hormonellen Kontrazeptiva wirklich wichtig“, schildert Oberärztin und Tagungsorganisatorin Katharina Feil. Möglicherweise gebe es für Patientinnen mit bekannter depressiver Neigung auch alternative Pillen-Präparate. Anhand eines Online-Fragebogens möchten die ForscherInnen mehr herausfinden. Alle Interessierten, insbesondere Frauen, die aktuell mit einer Pille beginnen oder nach einer Pause neu starten, sind eingeladen, teilzunehmen (Kontakt: Pille-Stimmung@i-med.ac.at).

Im Rahmen der deskriptiven „Becontra“-Studie wiederum untersuchen ForscherInnen gemeinsam mit der Paris-Lodron-Universität in Salzburg, ob die meistbenutzten hormonellen Verhütungs-mittel während der ersten sechs Monate Einnahmezeit einen Einfluss auf Hirnstruktur, -funktion und Verhalten haben und, ob sich die Effekte zurückbilden. Probandinnen, die eine Pille einnehmen und eine Kontrollgruppe ohne Pille lösen während einer bildgebenden Untersuchung (fMRT) Aufgaben. Dabei leuchten aktive Hirnareale auf. Den Teilnehmerinnen wird Blut abgenommen und sie füllen einen Fragebogen aus. Die Tests werden im Abstand von drei Monaten insgesamt dreimal jeweils mit Beginn der Regelblutung durchgeführt.

Studien zum Thema Fruchtbarkeitserhalt: Rund 70 Zentren in Deutschland, Österreich und der Schweiz führen derzeit die so genannte „Fertitox“-Studie durch, die für Österreich von Bettina Böttcher von der Univ.-Klinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin geleitet wird. Ziel des Projekts ist der Aufbau einer Datenbank mit Informationen über die Entwicklung des Fruchtbarkeitsstatus und der Lebensqualität von PatientInnen nach einer Chemo- oder Strahlentherapie im Langzeitverlauf. „Wir schauen uns beispielsweise an, wie sich das Spermiogramm fünf und zehn Jahre nach einer Chemotherapie entwickelt hat“, sagt Feil. Außerdem sei eine experimentelle Studie geplant, in der die ForscherInnen die möglichen Auswirkungen von Umweltgiften auf die Fruchtbarkeit untersuchen, wie z.B. Schwermetalle, denen Menschen in Industrie oder Transportwirtschaft ausgesetzt sind.
 


Weiterführende Literatur für Ärztinnen und Ärzte zu relevanten Blutwerten:

Labor und Diagnose (labor-und-diagnose.de)

Kapitel 00: Register Erkrankungen (labor-und-diagnose.de)