Zellforschung: ATRI Methode zur Analyse biologischer Kondensate

Forschende des Exzellenzclusters „Physik des Lebens“ der Technischen Universität Dresden, des Leibniz-Instituts für Polymerforschung Dresden und des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik haben eine innovative Methode entwickelt, um die molekulare Zusammensetzung biologischer Kondensate präzise zu quantifizieren. Diese membranlosen Organellen, die aus Proteinen und Nukleinsäuren bestehen, spielen eine zentrale Rolle in zahlreichen zellulären Prozessen. Die Ergebnisse, veröffentlicht in Nature Chemistry, könnten die Grundlagenforschung und biomedizinische Anwendungen revolutionieren.
Biologische Kondensate entstehen durch Phasentrennung, bei der Proteine und RNA oder DNA „Tröpfchen“ bilden. Ihre genaue Zusammensetzung war bisher schwer zu bestimmen, da herkömmliche Methoden mit fluoreszierenden Markierungen oft ungenau sind und die Eigenschaften der Moleküle verändern können. Bestehende markierungsfreie Ansätze konnten zudem komplexe Kondensate mit mehreren Komponenten nicht zuverlässig analysieren. Die neue Methode, genannt ATRI (Analyse von Verbindungslinien und Brechungsindex), überwindet diese Hürden.

ATRI kombiniert die Messung des Brechungsindex mittels quantitativer Phasenbildgebung (QPI) mit dem Konzept der Verbindungslinie aus der physikalischen Chemie. Der Brechungsindex zeigt, wie stark Licht in einem Medium gebrochen wird, und ermöglicht so Rückschlüsse auf die Konzentration im Kondensat. Die Verbindungslinie verknüpft die Zusammensetzung des Kondensats und der umgebenden Phase mit dem Gesamtsystem. Durch die Kombination beider Ansätze können die Konzentrationen mehrerer Komponenten präzise berechnet werden, selbst bei komplexen Gemischen mit vielen Molekülen.
Die Methode ermöglichte erstmals die Bestimmung der Konzentrationen von fünf Molekülen in einem Kondensat ohne Fluoreszenzmarkierungen – ein bedeutender Fortschritt gegenüber früheren Ansätzen, die auf ein oder zwei Komponenten beschränkt waren. Damit können Forscher das Verhalten und die Funktion von Kondensaten detaillierter vorhersagen. ATRI erlaubt zudem die Untersuchung, wie Kondensate auf Veränderungen in der Molekülzusammensetzung reagieren, etwa bei Schwankungen in der Genexpression.
Die Erkenntnisse haben weitreichende Implikationen. In der Grundlagenforschung erleichtert ATRI das Verständnis der physikalischen Eigenschaften von Kondensaten. In der Biomedizin könnte die Methode helfen, Therapien für Krankheiten zu entwickeln, bei denen Kondensate eine Rolle spielen, indem sie zeigt, wie diese auf potenzielle Wirkstoffe reagieren. Die hohe Präzision und Anwendbarkeit auch bei geringen Probenmengen machen ATRI zu einem vielversprechenden Werkzeug für zukünftige Forschungs- und Therapieansätze.
Original Paper:
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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