Withanolide: Durchbruch bei der Entschlüsselung pflanzlicher Steroidbildung

von | Juli 15, 2025 | Forschung, Gesundheit

Forschungsteams der Leibniz Universität Hannover und der Universität Bonn haben einen bedeutenden Fortschritt im Bereich der Pflanzenbiotechnologie erzielt: Sie konnten die genetischen Grundlagen der Bildung medizinisch wirksamer Steroide, sogenannter Withanolide, in Nachtschattengewächsen entschlüsseln. Zu diesen Pflanzen zählen Physalis, Stechäpfel und besonders Withania somnifera, bekannt als Schlafbeere oder Ashwagandha, die in der traditionellen Medizin vielseitig eingesetzt wird.

Traditionelle Pflanzenheilkunde wissenschaftlich erklärt

Nachtschattengewächse sind für ihren „Cocktail“ von sekundären Pflanzenstoffen bekannt, denen unterschiedliche Wirkungen zugeschrieben werden, wie Entzündungshemmung, Beruhigung und Insektenschutz. Ashwagandha findet etwa in der ayurvedischen Medizin Anwendung zur Stressminderung und Schlafverbesserung. Die pharmakologische Bedeutung der Withanolide, wie sie in diesen Gewächsen vorkommen, rückt verstärkt auch in das Interesse der modernen medizinischen Forschung – insbesondere wegen ihres Potentials für die Krebsbekämpfung.

Nancy Choudhary, Institut für Zelluläre und Molekulare Botanik an der Universität Bonn, bei der Durchführung der Genomsequenzierung der Pflanze Withania somnifera. | Copyright: © Julie Anne V.S. de Oliveira
Nancy Choudhary, Institut für Zelluläre und Molekulare Botanik an der Universität Bonn, bei der Durchführung der Genomsequenzierung der Pflanze Withania somnifera. | Copyright: © Julie Anne V.S. de Oliveira

Genom-Analyse und biotechnologische Umsetzung

Um gezielt nutzen zu können, welche wirksamen Substanzen in den Pflanzen stecken, analysierten die Wissenschaftler zunächst die vollständige Genomsequenz der Withanolid-bildenden Arten sowie von verwandten Pflanzen ohne diese Fähigkeit. Dabei identifizierten sie einen bestimmten Genbereich, der für die Synthese der Steroide verantwortlich ist. Der Vergleich verschiedener Nachtschattengewächse ermöglichte es, diese Schlüsselabschnitte eindeutig zuzuordnen.

Modellorganismen als Produktionsplattform

Basierend auf diesen genetischen Erkenntnissen rekonstruierte das Team erste Schritte des komplexen Stoffwechselwegs der Withanolide – jedoch nicht direkt in den ursprünglichen Pflanzen, sondern zunächst in Modellorganismen. Hierfür kamen Bäckerhefe und die australische Tabakpflanze Nicotiana benthamiana zum Einsatz, beides etablierte Werkzeuge in der Biotechnologie. Schrittweise wurden verschiedene Enzyme, ähnlich wie Lego-Bausteine, zusammengesetzt, um einfache Withanolidverbindungen in den Modellorganismen zu produzieren.

Bedeutung und Perspektiven

Diese Forschungsarbeit markiert einen wichtigen Meilenstein: Sie legt die Basis für eine gezielte Herstellung von pflanzlichen Steroiden, unabhängig von begrenzten natürlichen Rohstoffen. Damit eröffnen sich neue Wege, Withanolide weiter zu erforschen und zukünftig beispielsweise als Medikamente gegen Krebs einzusetzen. Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt bildet den Ausgangspunkt für die vollständige Aufklärung und biotechnologische Nutzung der Withanolid-Biosynthese in der Medizin.

Original Paper:

Hakim et al. (2025): Phylogenomics and metabolic engineering reveal a conserved gene cluster in Solanaceae plants for withanolide biosynthesis. Nature Communications. DOI: 10.1038/s41467-025-61686-1


Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

Gender-Hinweis. Die in diesem Text verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich immer gleichermaßen auf weibliche, männliche und diverse Personen. Auf eine Doppel/Dreifachnennung und gegenderte Bezeichnungen wird zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet.