Überraschender Doppelschlag: Kinase-Inhibitoren blockieren und bauen Krebsproteine ab

von | Nov. 27, 2025 | Forschung, Gesundheit

Eine neue Studie unter Leitung von Forschenden des CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin und dem AITHYRA Institut für Künstliche Intelligenz in der Biomedizin, beides Institute der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien, sowie des IRB Barcelona zeigt, dass viele Kinase-Inhibitoren – zentrale Wirkstoffe der Krebsmedizin – nicht nur die Aktivität krankmachender Enzyme blockieren, sondern diese auch abbauen. Die Ergebnisse wurden am 26. November 2025 in „Nature“ veröffentlicht (DOI: 10.1038/s41586-025-09763-9) und eröffnen neue Wege für die gezielte Proteinabbautherapie.

Kinase-Inhibitoren, von denen über 80 von der FDA zugelassen und doppelt so viele in klinischer Erprobung sind, sollen durch Blockade unkontrolliert aktiver Kinase-Schalter Krebszellen stoppen. Die Studie testete 1.570 Inhibitoren an 98 Kinasen in Zellkulturen und fand: 232 Wirkstoffe senken die Konzentration von mindestens einer Kinase, insgesamt 66 Kinasen waren betroffen.

Studienleiter Georg Winter und Erstautorin Natalie Scholes | Quelle: Barbara Bachmann | Copyright: © Barbara Bachmann / CeMM
Studienleiter Georg Winter und Erstautorin Natalie Scholes | Quelle: Barbara Bachmann | Copyright: © Barbara Bachmann / CeMM 

Der Abbau erfolgt teilweise über den bekannten „Chaperon-Deprivation“-Mechanismus: Bindet ein Inhibitor an die Kinase, kann das schützende Protein HSP90 nicht mehr wirken, und die Zelle baut sie ab. Häufiger jedoch verschieben Inhibitoren die Kinase in instabile Zustände – durch Aktivitätsänderungen, Zellverlagerungen oder Aggregatbildung –, die das zelluläre Qualitätskontrollsystem erkennt und entsorgt. Drei Beispiele verdeutlichen dies: LYN wird durch einen Stabilitätsschalter abgebaut, BLK nach einer Membranverschiebung, RIPK2 durch Aggregatbildung.

„Wir waren überrascht, wie verbreitet dieser Effekt ist“, sagt Erstautorin Natalie Scholes vom CeMM. „Inhibitoren destabilisieren Proteine aktiv – das erweitert ihr therapeutisches Potenzial enorm.“ Studienleiter Georg Winter (AITHYRA/CeMM) ergänzt: Dieser Mechanismus könnte die Entwicklung neuer „Degrader“-Medikamente fördern, die krankmachende Proteine gezielt eliminieren, und unerwartete Therapieerfolge erklären.

Original Paper:

DOI: 10.1038/s41586-025-09763-9


Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR

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