Spiegelbild-Aminosäure hemmt gezielt Krebszellen

Forschungsteams der Universitäten Marburg und Genf haben entdeckt, dass die spiegelbildliche Aminosäure D-Cystein das Wachstum bestimmter Krebszellen gezielt hemmen kann. Die Ergebnisse, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Nature Metabolism, beleuchten die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen und zeigen mögliche Ansätze für die Tumortherapie.
Im Gegensatz zur natürlichen Aminosäure L-Cystein, die für die Proteinsynthese essenziell ist, kann D-Cystein nicht für den Aufbau von Eiweißmolekülen genutzt werden. Die Forscher fanden heraus, dass D-Cystein in Tumorzellen wirkt, die einen hohen Gehalt an einem spezifischen Cysteintransporter in der Zellmembran aufweisen. Dieser Transporter, der normalerweise L-Cystein aufnimmt und so das Tumorwachstum fördert, ermöglicht auch die Aufnahme von D-Cystein, was jedoch toxische Effekte in der Zelle auslöst.

exemplarisch, wie D-Cystein toxisch in Zellen wirkt: Normalerweise wird der gelbe Schwefel von der linken Hand (L) an eine Empfängerposition im Enzym (E) übertragen. Sitzt der gelbe Schwefel allerdings in der rechten Hand (R), ist die Entfernung zur Empfängerposition zu groß. Als Folge kann die für die Zelle lebenswichtige Übertragungsreaktion nicht stattfinden und die Zelle stirbt. Foto: Carina Beimborn; Bearbeitung: Roland Lill.
Das Marburger Team unter der Leitung von Prof. Roland Lill, Experte für Eisen-Schwefel-Proteine, zeigte, dass D-Cystein ein Schlüsselenzym blockiert, das Schwefel aus L-Cystein in Eisen-Schwefel-Proteine einbaut. Diese Proteine sind für lebenswichtige Prozesse wie die DNA-Synthese unerlässlich. Durch die spiegelbildliche Struktur von D-Cystein wird die Schwefelübertragung verhindert, da der Schwefel nicht an die richtige Stelle im Enzym übergeben werden kann. Dies führt zu einem Mangel an funktionsfähigen Eisen-Schwefel-Proteinen, wodurch die Tumorzellen absterben.
Erste Tests an Mäusen im Genfer Labor bestätigten, dass D-Cystein das Tumorwachstum signifikant hemmen kann. Die Ergebnisse deuten auf ein hohes Potenzial für die Tumortherapie hin. Die Forscher planen nun, die Eignung von D-Cystein für den klinischen Einsatz weiter zu prüfen, um neue Ansätze in der Krebstherapie zu entwickeln.
Original Paper:
d-cysteine impairs tumour growth by inhibiting cysteine desulfurase NFS1 | Nature Metabolism
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
Gender-Hinweis. Die in diesem Text verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich immer gleichermaßen auf weibliche, männliche und diverse Personen. Auf eine Doppel/Dreifachnennung und gegenderte Bezeichnungen wird zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet.