Neuer Therapieansatz gegen aggressive Neuroblastome entdeckt

Neuroblastome, eine der häufigsten Krebserkrankungen bei Kindern, gelten als schwer behandelbar, insbesondere wenn sie aggressiv wachsen. Ein Forschungsteam des Experimental and Clinical Research Center (ECRC), einer Kooperation von Charité – Universitätsmedizin Berlin und Max Delbrück Center, hat nun einen entscheidenden Mechanismus entschlüsselt, der die Resistenz dieser Tumore erklärt. In der Fachzeitschrift „Cancer Discovery“ präsentieren die Wissenschaftler einen innovativen Therapieansatz, der auch besonders widerstandsfähige Tumorzellen angreift.
Neuroblastome entstehen aus Zellen des sympathischen Nervensystems und treten vor allem bei Kindern unter fünf Jahren auf. Während etwa die Hälfte dieser Tumore spontan zurückgeht, wachsen andere sehr schnell und sprechen nach anfänglichem Ansprechen auf Chemotherapie oft nicht dauerhaft an. Besonders aggressive Neuroblastome zeichnen sich durch eine erhöhte Anzahl des Onkogens MYCN aus. Die Forschenden fanden heraus, dass die Lokalisation dieses Gens entscheidend ist: Liegt MYCN nicht auf den Chromosomen, sondern auf kleinen, ringförmigen DNA-Molekülen, können sich Tumorzellen durch einen Ruhezustand vor der Wirkung von Chemotherapien schützen.

Die Wissenschaftler entwickelten eine Methode, um Tumorzellen mit vielen MYCN-Kopien von solchen mit wenigen Kopien zu unterscheiden. Dabei stellten sie fest, dass aggressive Zellen mit vielen MYCN-Kopien durch Chemotherapie zerstört werden, während Zellen mit wenigen Kopien in einen schlafenden Zustand verfallen. Diese „seneszenten“ Zellen können später wieder aktiv werden und einen Rückfall der Krankheit auslösen. Im Mausmodell zeigte sich, dass eine Kombination aus Chemotherapie, die die aggressiven Zellen angreift, und einem spezifischen Wirkstoff gegen die schlafenden Zellen die Behandlung deutlich effektiver macht.
Die Studie, an der internationale Forschungsteams beteiligt waren, unterstreicht die Bedeutung interdisziplinärer Zusammenarbeit. Neben dem ECRC waren Experten für räumliche Proteomik und Mitglieder des „Cancer Grand Challenges“-Konsortiums involviert, das von Cancer Research UK und dem National Cancer Institute gefördert wird. Der neue Ansatz könnte nicht nur für Neuroblastome, sondern auch für andere Tumore mit extrachromosomaler DNA, wie bestimmte Hirntumore, relevant sein.
Die Forschenden planen nun, gezielt nach Wirkstoffen zu suchen, die die schlafenden Tumorzellen im menschlichen Gewebe effektiv bekämpfen, ohne gesunde Zellen zu schädigen. Dieser Ansatz könnte die Behandlungsmöglichkeiten für betroffene Kinder in Zukunft erheblich verbessern.
Original Paper:
Redaktion: X-Press Journalistenbüro GbR
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